Schweizer Anlegerschutz wie Schweizer Käse

Schweizer Käse: Löchriger Schutz für Anleger im Alpenland / Quelle: Stockata.de
Schweizer Käse: Löchriger Schutz für Anleger im Alpenland / Quelle: Stockata.de

Der Finanzplatz Schweiz klingt in den Ohren deutscher Kapitalanleger verlockend. Was die meisten Anleger nicht wissen: Der Anlegerschutz nach Schweizer Recht ist längst nicht so gut wie der in Deutschland. Das machen sich auch Gaunerfirmen zu Nutze, wie ein Fall der Eidgenössischen Bankenkommission zeigt.

Kapitalanleger können sich in der Schweiz bei Problemen mit Vermögensverwaltern nicht auf die eidgenössische Finanzaufsicht verlassen. Davor warnt der auf Anlegerrecht spezialisierte Rechtsanwalt Patrick J. Elixmann aus Siegburg. Anlass ist die aktuelle Liquidierung der Swiss Financial Partners AG (SFP).

Die SFP ist ein Vermögensverwalter, der von der Schweiz aus auch Anleger in Deutschland geködert hatte. Das unseriöse Geschäftsgebaren war der Schweizer Finanzaufsicht seit längerer Zeit bekannt. Die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) schritt im vergangenen November schließlich ein und schickte der SFP Untersuchungsbeauftragte ins Haus. Das Ergebnis: Die SFP wurde jetzt wegen Verstößen gegen die Schweizer Banken-, Börsen- und Effektenhandelsgesetze dicht gemacht. Das Konkursverfahren läuft.

Ab jetzt wird die Sache absurd

Die gleichen Rechtsanwälte, die im Auftrag der Schweizer Finanzaufsicht einen unseriösen Vermögensverwalter überprüfen und abwickeln, schicken den Anlegern anschließend die Aufforderung, ihr Vermögen einem anderen Dienstleister anzuvertrauen. „Schon das allein ist fragwürdig“, kritisiert Rechtsanwalt Elixmann. Es sei nicht Aufgabe von Liquidatoren, geprellten Anlegern Empfehlungsschreiben für Vermögensverwalter samt Vertragsunterlagen zu schicken. Elixmann vertritt mehrere SFP-Kunden aus Deutschland, die derlei Anschreiben erhalten haben.

Noch fragwürdiger wird die Angelegenheit bei einem Blick auf den Verwaltungsrat des empfohlenen Vermögensverwalters. Dort findet sich zum Zeitpunkt der Empfehlung der ehemalige Geschäftsführer der verbotenen Vermögensverwaltung SFP wieder. Also genau der Mann, der für die Gesetzesverstöße verantwortlich ist, welche die Aufsichtsbehörde veranlasst haben, die Liquidierung anzuordnen. „Das führt die staatliche Finanzaufsicht der Schweiz völlig ad absurdum“, sagt Elixmann. Der Anlegeranwalt aus Siegburg hält den Anlegerschutz im Alpenland auch ohne den neuen Vorfall für „so löchrig wie ein Schweizer Käse“. Die Schweiz habe zwar eine funktionierende Geldwäscheaufsicht, aber die Kontrolle der Finanzdienstleister bleibe weit hinter der in Deutschland zurück. „Das sollten Anleger berücksichtigen, wenn ihnen mal wieder ein Vermögensverwalter etwas vom Schweizer Finanzplatz vorschwärmt“, rät Elixmann.

Ross und Reiter

Im konkreten Fall der SFP wurde den betroffenen Anlegern die OFL-Vermögensverwaltungs AG empfohlen. Das Unternehmen aus St. Gallen ist die hundertprozentige Tochter eines deutschen Unternehmens mit Sitz in Dresden. Die Four Gates AG betreut nach eigener Aussage konzernweit über 25.000 Kunden. Bis vor kurzem hieß das Unternehmen noch OFL-AnlagenLeasing AG.

Zurück zur Schweizer Tochter OFL-Vermögensverwaltung. Dort sitzt im Management ausgerechnet der Geschäftsführer der SFP, deren Liquidierung die Eidgenössische Bankenkommission angeordnet hat.

Der Mann ist kein unbeschriebenes Blatt. Bevor er 2004 die SFP gründete, war er Direktor der MWB Vermögensverwaltung. „Die MWB gehört ebenfalls zur Liga der unseriösen Finanzdienstleister, die von der Schweiz aus in Deutschland ohne aufsichtsrechtliche Erlaubnis auf Kundenfang gehen“, sagt Rechtsanwalt Elixmann. Er hat gegen die MWB vor deutschen Gerichten bereits mehrfach Schadensersatz für Anleger erstritten. Diese Erfolge sind insofern ein Meilenstein für den Anlegerschutz, weil die Zuständigkeit deutscher Gerichte in ähnlich gelagerten Fällen lange strittig gewesen war.

Die OFL überrumpelt Anleger und landet auf der Negativliste

Das Anschreiben der Liquidatoren an die SFP-Kunden ist geeignet, die Anleger kräftig zu irritieren. Zwar sprechen die von der EBK eingesetzten Anwälte im engeren Sinn keine Empfehlung für OFL aus. Sie verweisen aber ohne weitere Erklärung über die Hintergründe auf ein Anschreiben der OFL-Vermögensverwaltung in der Anlage.

Dieser Brief lässt zumindest einen Überrumpelungsversuch vermuten. Wortwörtlich heißt es im ersten Satz mit Verweis auf die just geschlossene SFP, dass die OFL-Vermögensverwaltung „ab sofort die Kundenbetreuung übernommen“ habe.

Wie bitte darf man das verstehen. Für den Otto-Normal-Anleger liest sich das so, als ob er vom SFP-Kunden plötzlich zum OFL-Kunden mutiert ist. Das wäre ungefähr so absurd, als könnte sich ein Pferd mitten im Galopp von selbst austauschen.

Noch aber entscheidet der Kapitalanleger wie ein Reiter, auf welches Pferd er setzt oder ob er umsatteln möchte. Das gilt auch für den Fall SFP. Das weiß natürlich auch der Verwaltungsrat der OFL. Trotzdem werden die SFP-Kunden in dem fragwürdigen Brief erst ganz unten im Text gebeten, „den beiliegenden Vermögensverwaltungsvertrag vollständig auszufüllen und zu unterschreiben“.

Das sollten sie sich zweimal überlegen. Wer Anleger auf so eine Tour zu übertölpeln versucht, hat sie sicher nicht verdient. Zumal das nicht der einzige Kritikpunkt an dem Schreiben der OFL ist. Einen zweiten fand die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) offenbar so gravierend, dass sie die OFL mittlerweile auf die Negativliste gesetzt hat. Ein Mitarbeiter der EBK hat das gegenüber dem Anlegermagazin Börse Online wie folgt begründet: „Im Fall des Schreibens der OFL Vermögensverwaltungs AG liegt folgendes Problem vor: Diese Firma untersteht als reiner Vermögensverwalter nicht der Aufsicht der EBK. OFL behauptete dies aber im angesprochenen Schreiben und kam wegen dieser missbräuchlichen und irreführenden Angabe auf unsere Negativliste.“

Dass die EBK gegen das Fehlverhalten der OFL vorgeht, haben die Anleger dem Siegburger Rechtsanwalt zu verdanken. Elixmann hat das Thema öffentlich gemacht und damit den Stein ins Rollen gebracht.

Hintergrund

In der Schweiz werden die Kontrollen bei Finanzdienstleistern nicht von der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) ausgeführt. Mit dieser Arbeit beauftragt die EBK vielmehr externe Anwaltskanzleien. Diese übernehmen auch die Abwicklung einer Gesellschaft, wenn dieser die Geschäftstätigkeit nach der Überprüfung untersagt wird. Zur Aufgabe der Liquidatoren gehört es auch, die Anleger aufzufordern, ihre Forderungen gegenüber dem Finanzdienstleister anzumelden.