Erbschaft mit Steuerprivileg

Wer unternehmerisches Vermögen vererbt oder verschenkt, profitiert von Steuerprivilegien. Die Übertragung von Betriebsvermögen bleibt regelmäßig zu 85 Prozent steuerfrei, die Verschonungsoption macht daraus sogar eine hundertprozent steuerfreie Übertragung. Doch es gibt Bedingungen und Ausnahmen. Die Kanzlei DHPG erklärt, was vermögende Erblasser und ihre Erben beachten sollten.

Kommen Erben für die Unternehmensnachfolge in Betracht, bieten sich verschiedene Modelle an, um die steuerlichen Auswirkungen für alle Beteiligten optimal zu gestalten. Problematisch wird es, wenn Erblasser ihre Erben mit der Übertragung von Betriebsvermögen überraschen. Plötzlich stehen die Erben einer Reihe von steuerlichen Risiken gegenüber. „Sie können die entstehende Erbschaftsteuer gegebenenfalls nicht aus der Vermögensmasse finanzieren“, sagt Gereon Gemeinhardt, Fachanwalt für Erbrecht und Steuerberater der Beratungsgesellschaft DHPG. „Bei Überentnahmen oder Verkauf von geerbtem Firmenvermögen droht ein Wegfall des Steuerprivilegs.“ Zudem haften Erben für die betrieblichen Steuern des Erblassers.

Was Erben beim Verkauf von Betriebsvermögen beachten müssen

Auch aktuelle Richtlinien der Finanzverwaltung (OFD Frankfurt, S 7104 A-43-St 110) mahnen zur Vorsicht. Schnell werden Erben selbst zu Unternehmern im umsatzsteuerlichen Sinne. „Die Veräußerung von geerbten Gegenständen des Betriebsvermögens wertet der Fiskus als unternehmerische Tätigkeit, selbst wenn das der Liquidation des geerbten Unternehmens dient“, sagt Steuerberater Gemeinhardt. „Erben sind dann verpflichtet, ordnungsgemäße Rechnungen zu stellen, die Umsatzsteuer abzuführen sowie Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerklärungen abzugeben.“ Die gleichen Folgen löst eine Entnahme von Betriebsvermögen aus, soweit sie beim Erblasser ebenfalls zur Umsatzsteuer geführt hätte.

Einen Ausweg aus der Umsatzsteuerpflicht bietet der komplette Verkauf des Unternehmens beziehungsweise aller geerbten Wirtschaftsgüter. Für die Geschäftsveräußerung im Ganzen sieht der Gesetzgeber eine Umsatzsteuerbefreiung vor. Wer ein geerbtes Unternehmen nicht fortführen möchte, sollte sicherheitshalber die eigene Haftung begrenzen. Nicht immer ist die steuerliche Situation des Unternehmens klar. Mit handels- und erbrechtlichen Maßnahmen zur Haftungsbeschränkung können sich Erben vor Nachwirkungen weitgehend schützen. Allerdings müssen diese Maßnahmen kurzfristig eingeleitet werden.

Spielraum für steueroptimale Gestaltungsmodelle

Ob Firmenauto, Immobilie oder Bargeld: Bei Wirtschaftsgütern ist oft nicht auf Anhieb ersichtlich, ob sie aus dem Privat- oder Betriebsvermögen stammen. Angesichts komplexer steuerlicher Bedingungen rät die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft DHPG zu Weitblick: „Erben sollten klären, ob auch unternehmerisches Vermögen zur Erbmasse zählt“, empfiehlt Gemeinhardt, Fachanwalt für Erbrecht und Steuerberater. „Betroffene sollten genau prüfen, welche erbschaftsteuerlichen und ertragsteuerlichen Konsequenzen auf sie zukommen.“ In Abstimmung mit einem Steuerberater, der sich mit dieser komplexen Materie auskennt, können Erben ausloten, wie sich die steuerlichen Folgen in Grenzen halten lassen.

Erbrecht und Erbschaftsteuerrecht bieten Raum für Gestaltungsmodelle, die sich lohnen. Ein Beispiel: Nach derzeitigem Recht gehören auch Bargeld und Kontoguthaben zum privilegierten Betriebsvermögen. Insofern kann ein Erblasser mit Vermögen über eine Lösung nachdenken, bei der er Geld in unbegrenzter Höhe in eine GmbH einbringt und einige Zeit später die GmbH-Anteile an seinen Erben überträgt. Der Unterschied macht’s: Als  Privatvermögen unterliegt das Geld mit dem Nennbetrag der Erbschaftsteuer. Anders die Kontobestände einer GmbH. Denn diese sind mit mindestens 85 Prozent erbschaftsteuerlich privilegiert. Die Gelder sind nach einer Behaltensfrist von fünf Jahren frei verfügbar.

Erbschaftsteuerreform weiter auf dem Prüfstand

Ob die Erbschaftsteuer in der heutigen Form verfassungsgerecht ist, darüber streiten sich die Gelehrten. Strittig sind vor allem zwei zentrale Punkte der Erbschaftsteuerreform. Klarheit wird erst ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes schaffen.

Steuersätze für entfernte Familienmitglieder: Es ist zweifelhaft, ob die Steuersätze für entfernte Familienmitglieder in ihrer Höhe verfassungskonform sind. Sie dienen dem Fiskus teilweise als Gegenfinanzierung für die Steuerprivilegien für Betriebsvermögen.

Betriebsvermögensprivilegierungen: Auch Steuerprivilegien für Betriebsvermögen sind Gegenstand des Verfahrens. Es ist zurzeit noch möglich, Vermögen unabhängig von der Zusammensetzung privilegiert zu übertragen.

Expertentipp: In der Praxis ist jeder Einzelfall sorgfältig zu prüfen. Erben sollten gegen Erbschaftsteuerbescheide Einspruch einlegen und sie bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ruhend stellen. Trotzdem müssen sie die Erbschaftsteuer zunächst begleichen. Das Finanzamt setzt die Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheides nur im Ausnahmefall aus.

Wer zu Lebzeiten Vermögen an seine Nachkommen verschenkt, sollte unbedingt über Widerrufsklauseln nachdenken. Dann kann der Schenker das übertragene Betriebsvermögen bei ungünstigem Ausgang des Verfahrens zurückfordern. Anschließend lässt sich eine erbschaftsteueroptimierte Gestaltung erarbeiten.

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