Elixmann: „Anleger haben vor Gericht gute Karten“

Patrick J. Elixmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht , über Anlagebetrug, Falschberatung und Prospekthaftung sowie die Chancen der Kapitalanleger, sich vor Gericht gegen die Anbieter windiger Finanzprodukte und gegen schlechte Anlageberater zu wehren.

Herr Elixmann, wenn Anleger mit riskanten Kapitalanlagen auf die Nase fallen, sind sie nicht selbst schuld?

Nicht in jedem Fall. Schließlich gibt es auf dem Kapitalmarkt genügend unseriöse Angebote. Was dahinter steckt, ist für die Anleger oft nicht zu durchschauen. Der Durchblick fällt umso schwerer, je unseriöser die Anbieter sind. Diese legen es ja gerade darauf an, ihre Kunden hinters Licht zu fuhren. Hier kann man nicht einfach sagen: selbst schuld, das hättet ihr wissen müssen.

Wie können sich die Anleger wehren?

Das hängt vom Einzelfall ab. Die Frage ist, wer den Anleger über den Tisch gezogen hat und mit welcher Masche? In einigen Fällen ist Betrug im Spiel, etwa bei Penny-stock-Aktien oder Schneeballsystemen. Oft werden Anleger mit Scheingewinnen bei der Stange gehalten. Wer den Betrug vor Gericht nachweist, kann sein Geld mit etwas Glück retten. Die schärfste Waffe im Rechtsstreit um Wiedergutmachung ist die Prospekthaftung. Es genügt der Nachweis eines Prospektfehlers. Selbst wenn dieser gar nicht zum Scheitern der Kapitalanlage geführt hat, werden die Verantwortlichen zu Schadensersatz verurteilt.

Und wenn der Anlageberater den Kunden beschwatzt hat?

Dann greift die Beratungshaftung. Vorausgesetzt der Anlageberater hat nachweislich gegen seine Beratungspflichten verstoßen: Wer Kapitalanlagen vermittelt, muss seine Kunden sachgerecht über alle Risiken aufklären und den Prospekt inhaltlich auf Plausibilität prüfen. Berater müssen darüber hinaus darauf achten, dass das Angebot zu den Anlagezielen des Kunden passt, etwa als Altersvorsorge geeignet ist. Manche Anlageberater oder Vermittler glauben, sie könnten dem Kunden einfach den Anlageprospekt aushändigen und sagen: Lies das mal, da steht alles drin. Das akzeptiert aber kein Gericht als Erfüllung der Beraterpflichten.

Trotzdem geben viele Anleger kampflos auf?

Psychologisch ist das verständlich. Die geschädigten Anleger fühlen sich ohnmächtig. Bei den ersten Anzeichen, dass etwas schief geht, sprechen sie die Anlageberater oder Initiatoren des Investments an. Diese halten hin, vertrösten und beschwichtigen. Oder sie halten den Kunden den Vertrag unter die Nase und pochen auf die Klauseln zum Haftungsausschluss. Dass diese unwirksam sind, wissen viele Anleger aber nicht. Sie fühlen sich ausgetrickst, wollen sich mit dem leidigen Problem nicht noch weiter herumärgern und geben auf. Dabei hätten die Anleger in vielen Fällen vor Gericht gute Karten.

Der Artikel zum Interview: Prospekthaftung – So drehen die Anleger den Spieß um