Arbeitnehmer vor Haftung gut geschützt

Das Arbeitsleben ist riskant. Wo Mitarbeiter an gefährlichen Maschinen arbeiten, mit Dienstwagen über rote Ampeln rasen oder Kassen und wertvolle Waren verwalten, verursacht selbst eine Schusseligkeit im schlimmsten Fall einen großen Schaden. Dann stellt sich regelmäßig die Frage, wer für den Schaden aufkommt: Der Arbeitnehmer, der ihn verursacht hat, oder das Unternehmen, das den Mitarbeiter beschäftigt?

Wer haftet bei Personenschäden?

Relativ einfach ist die Sachlage bei Personenschäden im Kollegenkreis. Laut Sozialgesetzbuch (SGB VII) haftet der schuldige Mitarbeiter nicht, wenn er seinen Kollegen in Erfüllung seiner beruflichen Pflichten und ohne Vorsatz verletzt hat. Dieser Haftungsausschluss regelt also nur die Unfälle während der betrieblichen Tätigkeit, wozu auch der Weg vom Arbeitsplatz zum Werkstor oder zur auswärtigen Baustelle gehört. In diesen Fällen kommt die gesetzliche Unfallversicherung für die Ansprüche des Geschädigten auf.

Anders bei den Fahrten zwischen Wohnort und Firma. Diese sind im haftungsrechtlichen Sinn schon wieder eine Privatangelegenheit der Arbeitnehmer. Für die Opfer ist trotzdem gesorgt. Denn im Falle eines Unfalles kommt die KFZ-Haftpflichtversicherung für den Schaden auf.

Bei Sach- und Vermögensschäden haften Arbeitnehmer je nach Schuld

Schwieriger ist die Rechtslage bei Sach- und Vermögensschäden. Normalerweise gilt im Privatrecht, das derjenige für den Schaden aufkommen muss, der ihn verschuldet. Nicht so im Verhältnis von Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Denn die Arbeitsgerichte haben den privatrechtlichen Haftungsgrundsatz für das Arbeitsleben stark abgeschwächt.

Der Grund: Irren ist auch am Arbeitsplatz menschlich. Dort werden Fehler allerdings schnell richtig teuer. Müsste der Mitarbeiter in jedem Fall den Schaden aus eigener Tasche zahlen, wäre das Arbeitsleben für viele ruinös. Der tägliche Broterwerb wäre genauso riskant wie Bergsteigen ohne Sicherungsseil. Deshalb hat sich das Bundesarbeitsgericht für die Sach- und Vermögensschäden ein paar neue Regeln ausgedacht und das ganze „innerbetrieblichen Schadensausgleich“ getauft. Bei diesem Modell hängt die Haftung des Arbeitnehmers von der Schwere seiner Schuld ab.

Bei leichtester Fahrlässigkeit haften Arbeitnehmer gar nicht

Unter „leichtester“ Fahrlässigkeit verstehen Arbeitsrichter geringfügige und leicht entschuldbare Pflichtwidrigkeiten. Kommt es deswegen zum Sach- oder Vermögensschaden, haftet der Arbeitnehmer überhaupt nicht.

Dass der Schaden komplett zu Lasten des Unternehmens geht, lässt sich nicht einmal über den Arbeitsvertrag aushebeln. Versucht wird das natürlich trotzdem. Gerne in Zusammenhang mit dem Firmenwagen. Im Vertrag steht dann zum Beispiel, dass der Arbeitnehmer den Schaden nach einem selbst verschuldeten Unfall auch selbst bezahlen müsse. Doch darauf sollten sich Unternehmer besser nicht verlassen. Diese Klausel platzt vor Gericht wie eine Seifenblase.

Bei mittlerer Fahrlässigkeit haftet der Mitarbeiter teilweise

Bei „mittlerer“ („normaler“) Fahrlässigkeit muss der Mitarbeiter immerhin einen Teil des Schadens ersetzen. Wie viel genau, hängt vom Lohn, den sozialen Verhältnissen und davon ab wie sich der Mitarbeiter vor dem Schaden verhalten hat. Ebenfalls eine Rolle spielt das Arbeitsrisiko. Hätte der Unternehmer eine Versicherung abschließen können, wird auch das zu Gunsten des Mitarbeiters angerechnet.

Beispiel: Verzichtet der Arbeitgeber beim Dienstwagen auf die Kaskoversicherung, haftet der Mitarbeiter im Schadensfall bei mittlerer Fahrlässigkeit selbst beim Totalschaden nur in Höhe der marktüblichen Selbstbeteiligung.

Unterm Strich steht für die Mitarbeiter auch bei mittlerer Fahrlässigkeit meist nicht mehr als ein Monatslohn auf dem Spiel.

Volle Haftung greift erst bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz

Die volle Verantwortung tragen Arbeitnehmer erst bei „grober Fahrlässigkeit“ oder „vorsätzlichem“ Handeln. Theoretisch! Denn Arbeitnehmer dürfen sogar bei grober Fahrlässigkeit auf Haftungserleichterung hoffen, wenn zwischen Schadenssumme und Verdienst ein krasses Missverhältnis besteht.

Beispiel: Als ein Berufskraftfahrer sein Enteisungsfahrzeug mit 1,41 Promille im Blut über den Flughaften steuerte, dabei einschlief und einen Unfall baute, ließ das Bundesarbeitsgericht (BAG) Gnade walten. Obwohl sich der Schaden auf etwa 75.000 Euro belief, musste der Fahrer nur rund 10.000 Euro Schadensersatz berappen. Das war in etwas das Achtfache des Nettomonatslohns. Das hielten die Richter für einen gerechten Schadensausgleich (BAG, 8 AZR 893/95).

Ebenfalls mit Haftungsbegrenzung dürfen Autofahrer rechnen, wenn sie am Steuer mit dem Handy telefonieren oder bei Rot über die Ampel rasen und dabei einen Unfall verursachen. Beides gilt als grob fahrlässig (BAG, 8 AZR 221/97).

Wer haftet, wenn was in der Kasse fehlt?

Manche Arbeitnehmer haben Verantwortung für eine Kasse oder ein Warenlager. Ihre Arbeitsverträge sind deshalb mit einer so genannten Mankoabrede ausstaffiert. Dabei handelt es sich um eine Art Garantieerklärung zu Gunsten des Arbeitgebers. Denn der Mitarbeiter verpflichtet sich, Fehlbeträge in der Kasse oder Warenlager aus der eigenen Tasche auszugleichen. Egal ob er am Kassenminus schuld ist oder nicht.

Solche Klauseln sind nur bei bestimmten Voraussetzungen gültig. Die wichtigste ist die so genannte Fehlgeldentschädigung, auch Mankogeld genannt. Anders ausgedrückt: Der Arbeitgeber muss seinem Mitarbeiter für das höhere Regressrisiko einen Ausgleich bezahlen. Die zweite Voraussetzung ist, dass nur der Mitarbeiter den Zugriff auf Kasse oder Lager hat. Nur dann hat er auch die Chance, ein Manko zu verhindern.

Das Mankogeld ist bei der Mankohaftung zugleich die Obergrenze. Der Arbeitnehmer muss einen Fehlbetrag also nur insoweit ausgleichen, wie das Mankogeld reicht (BAG, 8 AZR 175/97).

So restriktiv die Bedingungen für Mankoabreden auch sind, sie stellen ihren Nutzen für die Unternehmer nicht in Frage. Denn das Mankogeld ist für viele Mitarbeiter ein Anreiz, die anvertraute Kasse oder den Warenbestand wie einen Schatz zu hüten. Je weniger abhanden kommt, desto mehr Mankogeld kann der Arbeitnehmer behalten. Für den Unternehmer heißt das: Das Risiko größerer Fehlbeträge wird kleiner.