Hartmut Göddecke, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in Siegburg, über eine neue Abzockmethode von Betrügern im Bankgeschäft und wie sich Bankkunden gegen unrechtmäßige Abbuchungen von ihrem Bankkonto wehren können.
Herr Göddecke, Banken müssen bei Überweisungen nicht mehr prüfen, ob der Name des Empfängers zur Kontonummer passt. Ist das ein Risiko für Bankkunden?
Eigentlich wollte man nur die Überweisung von Geldern beschleunigen. Doch das hat die Risikolage bei Überweisungen extrem verschärft. Es fehlt eine wichtige Kontrolle. Der Bank reicht jetzt die Kontonummer. Diese bestimmt, wohin das Geld geht. Egal wie der Name des Empfängers lautet. Das gefährdet Kunden in beide Richtungen: Bei einer Überweisung muss der Bankkunde jetzt befürchten, dass er sein Geld einem falschen Empfänger überweist. Aber auch die Gefahr von betrügerischen Abbuchungen hat zugenommen.
Wieso kommen Betrüger jetzt leichter an das Geld auf fremden Konten?
Mit Hilfe der Einzugsermächtigung. Das funktioniert in zwei Schritten: Die Betrüger erfinden eine Reihe von Kontonummern, überweisen an jede einen Minibetrag, zum Beispiel einen Cent, und warten ab, ob das Geld gutgeschrieben wird oder ob eine Rücküberweisung mangels richtiger Kontoverbindung erfolgt. Dieses Geldgeschenk ist wie das trojanische Pferd: Eine Hinterlist. Kommt das Geld auf einem der Konten an, wissen die Betrüger, dass es das Konto gibt. Jetzt folgt der Angriff: Die Betrüger buchen von dem fremden Konto einfach per Einzugsermächtigung Geld ab. Gerade so viel, dass es sich lohnt, aber nicht sofort auffällt. Das ist das heimtückische daran. Ein guter Zeitpunkt für solche einen Angriff ist der Monatswechsel, wenn sowieso viele Abbuchungen auf dem Kontoauszug erscheinen und ein Betrag mehr oder weniger nicht besonders auffällt.
Müssen die Banken die Einzugsermächtigung nicht prüfen?
Das tun die Banken offensichtlich nicht. Ihnen reicht die Behauptung eines Unternehmens, es sei zum Einzug berechtigt.
… und der Bankkunde ist sein Geld los, obwohl er nichts gekauft hat?
Nicht wenn er sofort widerspricht. Dafür bleiben dem Bankkunden sechs Wochen Zeit. Wer diese Frist verpasst, ist das Geld erst einmal los. Jetzt muss der Bankkunde die Betrüger verklagen. Sie können sich leicht vorstellen, wie die Erfolgsaussichten sind: Gering bis nicht vorhanden Die Betrüger sitzen in aller Regel im Ausland, nutzen Tarnfirmen oder machen sich nach ein paar Wochen aus dem Staub.
Wie können sich die Bankkunden vor dem Betrug schützen?
Indem sie ihre Kontoauszüge zeitnah prüfen. Wer sich die Kontoauszüge nur alle vier Wochen zuschicken lässt, muss besonders wachsam sein. Achten Sie auf Kleinstbeträge bei den Eingängen. Die sind die Vorwarnung. Bei den Abbuchungen sollte der Bankkunde genau den Grund und Empfänger prüfen. Wer sich nicht an jede Zahlung, jeden Einkauf mit EC-Karte und jede Überweisung erinnern kann, sollte sich diese Ereignisse in einen Taschenkalender notieren. Das erleichtert die Kontrolle. So lassen sich unberechtigte Abbuchungen leichter feststellen. Bei Auffälligkeiten muss der Bankkunde bei seiner Bank widersprechen.
Wie steht es mit der zweiten Gefahr: die unerwünschte Überweisung an Dritte?
Auch diese Gefahr ist größer geworden. Jetzt genügt ein einfacher Zahlendreher in der Kontonummer und Ihr Geld landet versehentlich an dem Konto eines anderen Empfängers. Bis das auffällt, kann es dauern; so z. B. bis zu einer Mahnung bei fehlüberwiesenen Rechnungen.
Und der Empfänger des Geldes darf sich über seine Beute wie eine diebische Elster freuen?
Natürlich nicht. Der Empfänger weiß ja, dass er das fremde Geld ohne Grund bekommen hat. Was ihm nicht gehört, muss er auch wieder heraus rücken. Bleibt die Frage, ob er das freiwillig macht. Wenn nicht, muss der rechtmäßige Eigentümer klagen. Das kann er natürlich erst, nachdem ihm der Fehler aufgefallen ist. Bei kleineren Zahlungen ist zu befürchten, dass Bankkunden den Gang zum Rechtsanwalt scheuen; der muss dann den wirklichen Inhaber des Kontos herausfinden. Dabei sind solche Fälle einfach. Der unrechtmäßige Empfänger ist ja sehr wahrscheinlich ein ganz normaler Bankkunde, den Sie dingfest machen können. Er darf sich nicht bereichern. Wer trotzdem glaubt, er könne das Geld behalten, geht ein hohes Risiko ein: Kommt es zur Klage, muss er das Geld doch zurückzahlen. Obendrein zahlt er die Zeche für den Streit: also die gesamten Gerichts- und Anwaltskosten.
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