Prokon: Ausweg aus der Genussrechtsfalle

Windkraftanlagen: Reinfall für Anleger / Quelle: Stockata.de
Windkraftanlagen: Reinfall für Anleger / Quelle: Stockata.de

Bei Prokon droht die Insolvenz. Doch was sollen die Anleger jetzt tun? Die Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte rät den Anlegern, sich aus der Genussrechtsfalle zu befreien. „Wer das nicht macht“, sagt Rechtsanwalt Marc Gericke, „hat später bei einer möglichen Verteilung der Insolvenzmasse schnell das Nachsehen und geht unter Umständen leer aus.“ Die Anleger von Prokon können ihre Forderungsposition mit zwei juristischen Hebeln verbessern.

Anleger können sich für den Verteilungskampf rüsten

Um ihre Forderungsposition im Insolvenzfall zu verbessern, müssen sich die Anleger aus der Genussrechtsfalle befreien. Denn Genussrechte gehören zu den nachrangigen Forderungen. Anders ausgedrückt: Wird die Insolvenzmasse von Prokon auf die Gläubiger aufgeteilt, kommen die Anleger mit Genussrecht als Letzte an die Reihe. Vor ihnen werden solche Gläubiger bedient, deren Forderungen besser geschützt sind, etwa das Finanzamt, die Sozialkassen und danach die Banken und Anleihegläubiger. „Bei Prokon wird es sicher nicht genug Vermögen geben, um die Forderungen aller Gläubiger zu bedienen“, sagt  Rechtsanwalt Gericke von der Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte in Siegburg. Also werden die Anleger mit nachrangigen Genussrechten bei der Verteilung der Insolvenzmasse benachteiligt.

Klar ist aber auch: „Ganz wertlos ist Prokon nicht.“ Wie hoch die Vermögenswerte bei Prokon sind, lässt sich freilich noch nicht genau beziffern. Denn mit belastbaren Zahlen hält Prokon hinterm Berg. Selbst für 2012 gibt es immer noch keinen von Wirtschaftsprüfern bestätigten Konzernabschluss. Immerhin gehen Anlegerschützer bei Prokon von Vermögenswerten in Höhe von 450 bis 500 Millionen Euro aus.

Bleibt die Frage, wie Anleger mit Genussrechten die nachrangige Position ihrer Forderung abschütteln und sich in der Warteschlange der Gläubiger weiter vorne positionieren können.

So befreien sich die Anleger aus der Genussrechtsfalle

„Wir sehen zwei Möglichkeiten, unsere Mandanten aus der Genussrechtsfalle zu befreien und ihre Forderungen aus der Nachrangigkeit zu holen“, sagt Anwalt Gericke. Den ersten Hebel setzt die Kanzlei Göddecke an den Genussrechtsbedingungen an. So heißen bei Prokon die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), auf die sich die Anleger beim Abschluss der Genussrechte einlassen mussten.

Der Ansatz hat einen interessanten Vorteil: „Mit diesem Hebel können wir Genussrechte grundsätzlich für alle Anleger knacken. Denn für AGB gilt das Transparenzgebot. Es kommt im Einzelfall also nicht auf den speziellen Ablauf des Vertragsabschlusses an“, erklärt Rechtsanwalt Gericke.

Der Anlegeranwalt aus Siegburg ist sich seiner Sache relativ sicher: „Ich denke, dass wir vor Gericht mit Erfolg begründen können, dass Prokon den Anlegern intransparente Vertragsklauseln aufgetischt hat. Die Verträge sind dann unwirksam, und die Anleger haben bei der Verteilung der Insolvenzmasse automatisch bessere Karten“, so Rechtsanwalt Gericke.

Der zweite Weg aus der Nachrangigkeit führt über Schadensersatzansprüche. Für solche sieht die Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte bei Prokon mehrere erfolgversprechende Ansätze, etwa das Jonglieren mit Zahlen in der Anlegerkommunikation oder in der Zahlung von Zinsen aus frischem Anlegerkapital. Die Anleger können ihre Schadensersatzansprüche in einem Insolvenzverfahren geltend machen oder nötigenfalls einklagen.

Ob es bei Prokon im Insolvenzfall zu einer Verteilung der Insolvenzmasse kommen wird, ist noch unklar. Aber selbst bei einer denkbaren Sanierung stehen die Anleger laut Kanzlei Göddecke besser da, wenn sie die Genussrechte mit der AGB-Rechtsprechung oder Schadensersatzansprüchen knacken. Auch in diesem Fall muss Prokon das Geld zurückzahlen. Außerdem unterliegen sie – anders als nach einer Kündigung ihrer Genussrechte zum jetzigen Zeitpunkt – nicht dem Risiko einer Anfechtung durch den Insolvenzverwalter.

Grundsätzlich können die Anleger von Prokon ihre Genussrechte auch kündigen. Doch das hält Rechtsanwalt Gericke mittlerweile für „vergebene Liebesmühe“. Der Grund: Eine Kündigung „läuft aller Voraussicht nach ins Leere“, so Anlegeranwalt Gericke. Außerdem ist fraglich, ob Prokon Anleger, die ihre Genussrechte kündigen, überhaupt noch auszahlen kann. Und falls ja, schwebt über diesen Auszahlungen ein Damoklesschwert. Denn im Insolvenzfall könnte der Insolvenzverwalter diese Zahlungen eventuell zurückfordern.

Eigenverwaltung würde im Insolvenzfall die Aussichten der Anleger schwächen

Die Kanzlei Göddecke rechnet bei Prokon mit einer Regelinsolvenz. Aus Anlegersicht sei das auch die bessere Lösung. Dass das Insolvenzgericht stattdessen eine Eigenverwaltung durch die alte Geschäftsführung zulassen könnte, hält Rechtsanwalt Gericke angesichts der vorliegenden Strafanzeigen im Fall Prokon für fraglich.