Q-Cells macht Anleihegläubiger zum Sündenbock

Q-Cells: Vom Gläubiger zum Sündenbock / Quelle: Stockata.de
Q-Cells: Vom Gläubiger zum Sündenbock / Quelle: Stockata.de

Das Schuldverschreibungsrecht droht zu einem Instrument der Enteignung von Anleihegläubigern zu werden. Das befürchtet Rechtsanwalt Daniel Vos mit Hinweis auf den angekündigten Insolvenzantrag der Q-Cells AG. „Die Argumentation von Q-Cells ist fragwürdig: Das Management versagt und macht für das Scheitern die Anleihegläubiger zum Sündenbock“, kritisiert Vos.

Der Anlegeranwalt vertritt mehrere Anleihegläubiger der Q-Cells bei der Wahrnehmung ihrer Rechte. Parallelen zum Vorgehen der Pfleiderer AG liegen nach Ansicht des Rechtsexperten auf der Hand.

Zum Hintergrund: Das Schuldverschreibungsrecht wurde 2009 geändert. Seitdem können Unternehmen die Gläubiger einer Anleihe per Mehrheitsbeschluss zum Verzicht auf Ansprüche zwingen. Dies setzt aber voraus, dass die jeweilige Anleihe bereits vor der Rechtsänderung die Möglichkeit von Mehrheitsbeschlüssen vorsah. „Mit diesem Instrument hat der Gesetzgeber den Unternehmen also keinen Freibrief gegeben, um sich mit wenigen Winkelzügen zu entschulden. Investoren, die einem Unternehmen viel Geld leihen, dürfen darauf vertrauen, dass Anleihen ohne die Option einer Änderung Bestandsschutz haben. Die Rechte der Anleihegläubiger muss auch das Management von Q-Cells beachten“, sagt Rechtsanwalt Vos. Darüber hinaus müssen die Anleihegläubiger vollständige Informationen erhalten und dürfen gegenüber anderen Gläubigern wie Banken nicht benachteiligt werden.

Die Q-Cells SE hat am 2. April 2012 einen Insolvenzantrag angekündigt. Diesen Schritt begründet das Management mit Hinweis auf das jüngste Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt zum Schuldverschreibungsgesetz. Es geht um die Frage, unter welchen Voraussetzungen Unternehmen Anleihegläubiger zum kollektiven Verzicht auf Rückzahlung ihrer Investitionen und Zinsen zwingen können. Wie die Pfleiderer AG im Urteilsfall vor dem OLG Frankfurt versucht auch Q-Cells, Anleihegläubiger in ihren Rechten zu beschneiden.

Rechtsanwalt hält Insolvenzantrag von Q-Cells für unnötig

Der Insolvenzantrag ist laut Q-Cells notwendig, weil eine Fortführungsprognose für das Unternehmen nicht wiederhergestellt werden könne. Diese Prognose habe sich angeblich zerschlagen, nachdem das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main im Fall der Pfleiderer AG eine Anleiheänderung wegen Missachtung der Rechte von Anleihegläubigern gestoppt hatte.

Rechtsanwalt Daniel Vos hält die Begründung von Q-Cells für eine fadenscheinige Ausrede. „Das Management wirft die Flinte ins Korn. Nur weil das von den Rechtsberatern der Q-Cells ersonnene Konzept nicht funktioniert, ist eine Sanierung des Unternehmens noch lange nicht gescheitert“, sagt Vos.

Die Q-Cells habe den Gläubigern der 2012 fälligen Anleihe ein Konzept vorgestellt, das die Anleihegläubiger gegenüber anderen Gläubigern klar benachteiligt. Laut Vos bleibt auch unverständlich, warum die Gläubiger der bereits fälligen Anleihe auf ihren Rückzahlungsanspruch fast vollständig verzichten sollen. Denn Q-Cells gebe selbst an, zum Jahresende über liquide Mittel von 305 Mio. Euro zu verfügen, aber nur Anleihen im Wert von weniger als 200 Mio. Euro bedienen zu müssen.

„Eine Notwendigkeit der Einschnitte konnte das Management den Gläubigern letztlich nicht plausibel erläutern“, berichtet Rechtsanwalt Vos. Die erforderlichen Unternehmenszahlen habe das Unternehmen nur ausgewählten institutionellen Anleihegläubigern vorgelegt, die diese mit teuren Beratern prüfen könnten. Kleinanleger wäre es demgegenüber nur nach Unterzeichnung einer englischsprachigen Vereinbarung während der Gläubigerversammlung erlaubt, einen kurzen Blick auf die Daten zu werfen.

Rechtsanwalt wirft Management von Q-Cells Passivität vor

„So sehen keine Verhandlungen auf Augenhöhe aus“, sagt Vos. „Dass das Enteignungskonzept rechtlich nicht funktioniert, heißt ja nicht, dass eine Restrukturierung insgesamt scheitern muss.“ Zum Beispiel sind echte Verhandlungen mit den Gläubigern oder ein öffentliches Umtauschangebot denkbar – hier ist die Kreativität der Berater gefragt. „Konstruktive Gespräche sind mir und meinen Mandanten bislang nicht einmal angeboten worden“, so Vos.

Unrichtig sei übrigens auch der Hinweis des Ministerpräsidenten Sachsen-Anhalts, Reiner Haseloff, die Probleme seien auch aufgrund von rechtlichen Unklarheiten des Schuldverschreibungesgesetzes entstanden. Solche Unsicherheiten seien längst ausgeräumt: „Sämtliche Entscheidungen der Frankfurter Gerichte haben unsere Rechtsauffassung seit Monaten bestätigt. Entgegenstehende Urteile gibt es nicht. Die jetzige Situation beruht also nicht auf Unklarheit, sondern auf Uneinsichtigkeit. Für eine Korrektur ist es aber nicht zu spät, wir sind weiter für Gespräche offen“, sagt Anlegeranwalt Daniel Vos.