Manche Versicherungen gegen Berufsunfähigkeit versuchen sich im Schadensfall um ihre Leistungspflicht zu drücken. Dabei berufen sie sich auf ein angebliche Kulanzangebot. Doch das bezweckt nichts anderes, als die Rechte der Versichterten zu beschneiden. Der Bundesgerichtshof hat so etwas längst als unzulässig gebrandmarkt.
In der Praxis läuft das nach Information des Daily Paragraph so ab: Ein Versicherter mit Berufsunfähigkeitsversicherung wird durch eine Krankheit dauerhaft aus dem Arbeitsleben katapultiert. Daraufhin beantragt er die für diesen Fall vereinbarte Versicherungsleistung. Doch die Versicherung wimmelt ab: Angeblich fehlen ihr Arztberichte, so dass sich der Grad an Berufsunfähigkeit nicht endgültig feststellen lasse.
Die Zurückweisung ist regelmäßig mit einem verlockenden Angebot der Versicherung verknüpft: Man wolle dem Kunden – rein aus Kulanz, versteht sich – die Leistung vorläufig gewähren. Dafür brauche der Versicherte nur die beiliegende Vereinbarung zu unterschreiben.
Die Kulanzleistung ist befristet. Davon erhofft sich die Versicherung vermutlich einen Zeitgewinn: Lässt sich der Kunde auf einen anderen Beruf umschulen, endet die Kulanzleistung pünktlich mit Ablauf der gewährten Frist. Der Kunde wird auf den neuen Beruf verwiesen und erhält keinen Cent mehr.
Diese Praxis ist nicht rechtens. Der Bundesgerichtshof hat mit dem Urteil IV ZR 244/03 unmissverständlich klar gestellt, dass eine Versicherung rechtsmissbräuchlich handelt, wenn sie sich auf die Vereinbarung beruft, ohne dem Kunden die damit „verbundene gravierende Einschränkung seiner Rechtsposition zu offenbaren.“
Jetzt bleibt abzuwarten, wie die Versicherungen ihre Kulanzangebote trickreich neu formulieren. „Am besten, man lässt sich darauf erst gar nicht ein“, rät Rechtsanwalt Mathias Corzelius zur Vorsicht. Muss die Versicherung über den Leistungsantrag des Kunden zeitnah entscheiden, spielt ohne Wenn und Aber nur der Beruf eine Rolle, den der Versicherte bis zur Berufsunfähigkeit ausgeübt hatte. „So lässt sich der ganze Ärger mit der Kulanzvereinbarung von vornherein vermeiden“, sagt Corzelius. Wer schon unterschrieben hat, kann sich immerhin auf den Bundesgerichtshof berufen und sein Recht einklagen.