Freiheit zur zeitlichen Gestaltung des Arbeitstages nutzt nicht nur den Arbeitnehmern. Auch Unternehmen profitieren. Arbeitgeber können den Personaleinsatz flexibler steuern, wenn sie in ihrem Unternehmen stärker auf Teilzeitarbeit, Abrufarbeit und befristete Arbeitsverträgen setzen. Wer nichts falsch machen will, kümmert sich vorher um die rechtlichen Tücken.
Wenn Birte Keppler von der Kanzlei Diem & Partner für Teilzeitkräfte eine Lanze bricht, werden selbst skeptische Unternehmer hellhörig: „Teilzeitmitarbeiter sind produktiver, weil sie motivierter sind“, sagt die Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Stuttgart. Für Keppler liegt das auf der Hand. „Teilzeitmitarbeiter machen nicht so viele Quatschpausen und müssen ihre Arzttermine in die Freizeit legen.“
Dieses produktive Potenzial wollen sich immer mehr Unternehmen erschließen. Nicht zuletzt deshalb, weil mehr Teilzeit auch mehr Spielraum beim Einsatz der Mitarbeiter bedeutet. Das wird vor dem Hintergrund hoher Lohnkosten immer wichtiger. Egal ob es um Teilzeitarbeit, Arbeit auf Abruf oder befristete Verträge geht, die Unternehmer müssen bei der Flexibilisierung von Arbeitszeit auf die rechtlichen Problemzonen achten. Die Details regelt das Teilzeit- und Befristungsgesetz.
Kapitel I – Teilzeitarbeit
Grundsätzlich dürfen Teilzeitmitarbeiter nicht anders behandelt werden als Vollzeitkräfte. Das heißt, sie haben bei Entgelt, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bei der Vergütung von Feiertagen die gleichen Ansprüche. Fällt die Arbeit infolge eines Feiertages aus, können die Chefs von ihren Teilzeitkräften also nicht einfach verlangen, dass diese die verlorenen Stunden vor- oder nacharbeiten sollten.
Im Grunde ist die Sache mit der Teilzeitarbeit einfach: Unternehmen und Arbeitnehmer schließen einen „ganz normalen Arbeitsvertrag“, so Keppler, „in dem die Stundenzahl, das Gehalt und der Urlaub genau geregelt sind.“ Hier gibt es allerdings ein paar rechtliche Tücken. „Unsicherheiten entstehen vor allem hinsichtlich Urlaub, Gehalt und Überstundenvergütung“, sagt Anwältin Keppler.
Dass ausgerechnet Urlaubsansprüche falsch berechnet werden, ist erstaunlich. Denn eigentlich ist die Sache logisch. „Keine Fehler macht, wer in Wochen rechnet“, empfiehlt Anwältin Keppler. Die Unternehmer müssen die Urlaubstage einer Vollzeitkraft einfach in Urlaubswochen umrechnen. Genauso viele Wochen Urlaub stehen einer Teilzeitkraft zu – und zwar unabhängig davon, wie viele Stunden sie an wie viel Arbeitstagen in der Woche arbeitet. Jetzt muss die Wochenzahl für den Arbeitsvertrag nur noch in Tage zurückgerechnet werden.
Beispiel: Angenommen, der Urlaubsanspruch einer Vollzeitkraft beträgt genau das gesetzliche Mindestmaß von vier Wochen. Der Arbeitsvertrag garantiert dann bei einer 5-Tagewoche das Recht auf 20 Urlaubstage. Die Gretchenfrage lautet: Wie viele Tage Urlaub stehen dem Mitarbeiter zu, der nur halbe Kraft voraus arbeitet. Die Hälfte? Oder doch genauso viele wie die Vollzeitkraft?
Die Antwort: Vier Wochen. Wie viele Arbeitstage das sind, hängt davon ab, wie oft der Mitarbeiter im Unternehmen anrückt. Wer täglich kommt und bis mittags arbeitet, hat Anspruch auf 20 Tage. Wer seine Stunden dagegen an drei Tagen die Woche abreißt, bei dem sind es 12 Urlaubstage im Jahr.
Vorsicht: Im Arbeitsleben ist die Woche nicht immer gleich lang. Hier kommt es auf einen feinen Unterschied an. Bezieht sich der Arbeitsvertrag auf „Werktage“, ist regelmäßig eine 6-Tage-Woche gemeint. Denn der Samstag zählt rechtlich als Werktag. Hier werden die Urlaubstage also durch sechs geteilt. Bei einer 5-Tage-Woche ist im Arbeitsvertrag dagegen von „Arbeitstagen“ die Rede. Hier ist die Fünf der richtige Teiler.
Eine andere rechtliche Schwachstelle von Arbeitsverträgen ist die Vergütung von Überstunden. Das ist allerdings nicht nur bei Teilzeitarbeit so. Auch die Arbeitsverträge von Vollzeitkräften enthalten oft die Klausel, „dass Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind“. So einfach ist die Sache freilich nicht. Das Bundesarbeitsgericht lässt keinen Zweifel daran, dass die All-Inclusive-Regelung bei Überstunden allenfalls leitenden Angestellten zuzumuten ist. Zu dieser Gruppe zählen Arbeitnehmer, die „schon mit einem Bein zum Lager der Arbeitgeber gehören“, sagt Keppler. Wer Mitarbeiter einstellen darf, gehört mit Sicherheit dazu. Anders bei Arbeitnehmern ohne Leitungsfunktion. Hier muss der Vertrag eine angemessene Obergrenze für pauschal abgegoltene Überstunden enthalten. Sonst die Klausel unwirksam und schon die erste Überstunde gesondert abzurechnen. Anwältin Keppler empfiehlt Unternehmern deshalb zu einem wasserdichten Arbeitsvertrag mit bis zu zehn vom Lohn abgedeckten Überstunden im Monat. „Damit haben wir vor Gericht noch nie Probleme gehabt“, sagt Keppler.
Immerhin können Unternehmen bei fleißigen Teilzeitkräften an den Überstundenzuschlägen sparen. Denn diese werden nur fällig, wenn ein Mitarbeiter länger arbeitet als die regelmäßige betriebliche Arbeitszeit. Bei Teilzeitkräften ist das höchst selten der Fall. Schließlich bezieht sich die betriebliche Arbeitszeit regelmäßig auf Ganztagsjobs.
Kapitel II – Arbeit auf Abruf
Wenn Unternehmen Arbeitszeiten flexibel gestalten wollen, kommt neben Teilzeitarbeit die so genannte „Arbeit auf Abruf“ in Frage. In der Wirtschaft heißt das Modell auch „Kapovaz“, was so viel wie „Kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit“ bedeutet. Das funktioniert so: Ein Arbeitgeber vereinbart mit dem Arbeitnehmer nur die Dauer der Arbeit, nicht aber deren zeitliche Lage. Diese bestimmt allein der Arbeitgeber. Das soll ihm mehr Spielraum verschaffen, den Personaleinsatz je nach Auftragsschwankung zu steuern.
An sich eine feine Sache, hätte der Gesetzgeber bei den Details nicht über die Stränge geschlagen. Im Teilzeit- und Befristungsgesetz steht nämlich, dass der Arbeitnehmer „nur zur Arbeitsleistung verpflichtet“ ist, wenn ihm sein Arbeitgeber die konkrete Arbeitszeit „jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt“. Das stellt laut Keppler das ganze Modell in Frage. „Das ist so gut wie nicht praktikabel“, schimpft die Stuttgarter Arbeitsrechtlerin. Wenn ein Mitarbeiter zum Beispiel für einen kranken Kollegen einspringen soll, kommt das überraschend. Hier kann das Unternehmen nicht erst vier Tage warten. Das gleiche gilt, wenn das Unternehmen bei schwankender Auftragslage möglichst schnell reagieren muss.
Kein Wunder, dass die Flexibilität im Arbeitsleben oft auf einer Art Gentleman’s Agreement beruhen. Wenn Chefs ihre Mitarbeiter fair behandeln, können sich diese mit ihrem Arbeitsplatz besser identifizieren und zeigen mehr Einsatzbereitschaft. „In vielen Unternehmen wird ganz flexibel gearbeitet“, weiß Keppler, „aber nach dem Gesetz kriegt man das oft nicht hin.“
Kapitel III – Befristete Arbeitsverträge
Eine größere Relevanz spielen in der Praxis deshalb die befristeten Arbeitsverträge. Aber auch hier hat sich der Gesetzgeber ein paar Tücken ausgedacht. Ist der Arbeitsvertrag nicht ordentlich gestrickt, wird aus dem befristeten Arbeitsverhältnis schneller ein dauerhaftes, als dem Unternehmer lieb sein kann.
Am einfachsten lassen sich Arbeitsverträge aus sachlichem Grund befristen. Das kann laut Teilzeit- und Befristungsgesetz unter anderem die Vertretung einer Mitarbeiterin im Erziehungsurlaub sein. Oder der Bedarf an der konkreten Arbeitsleistung fällt im Unternehmen nur vorübergehend an, wie es zum Beispiel bei größeren Bauprojekten üblich ist. Ebenfalls als sachlich begründet gilt eine Befristung auf Probe oder um einem Mitarbeiter nach der Ausbildung den Übergang in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis zu ebnen. In diesen Fällen gibt es keine zeitliche Obergrenze für die Befristung.
Bei der rein kalendermäßigen Befristung ist das nicht so. Fehlt ein sachlicher Grund, sind befristete Arbeitsverträge höchstens für zwei Jahre erlaubt. Innerhalb dieser Gesamtdauer kann die Befristung bis zu dreimal verlängert werden.
Eine Ausnahme besteht für Jungunternehmer. In den ersten vier Jahren nach Gründung eines Unternehmens – gerechnet ab Aufnahme der Erbwerbstätigkeit – sind befristete Arbeitsverträge ohne Sachgrund bis zur Gesamtdauer von vier Jahren zugelassen. Freilich gilt das nicht bei jungen Unternehmen, die lediglich durch die Umstrukturierung eines älteren Konzerns entstanden sind.
Damit Unternehmen das Kündigungsschutzgesetz nicht einfach aushebeln, hat der Gesetzgeber für eine weitere Schranke gesorgt. Demnach ist die rein kalendermäßige Befristung nicht erlaubt, wenn der Angestellte schon vorher einmal im Unternehmen beschäftigt war. Dieses Tabu müssen auch Existenzgründer beachten.
Ein häufiger Stolperstein für Arbeitgeber sind gewisse Formalien. Zwingend ist die Schriftform. Hat der Unternehmer nicht daran gedacht, die Befristung des Arbeitsvertrages von vornherein schriftlich zu vereinbaren – also noch vor Vertragsbeginn – dann ist diese unwirksam. Das Arbeitsverhältnis ist automatisch ein unbefristetes.
Vorsicht ist auch am Vertragsende geboten. Normalerweise endet ein befristetes Arbeitsverhältnis automatisch, wenn der sachliche Grund erreicht oder die vereinbarte Frist abgelaufen ist. Es gilt also kein Kündigungsschutz. Selbst der Anspruch auf Mutterschutz kann das Vertragsende nicht hinauszögern. Allerdings sollten die Arbeitgeber unbedingt darauf achten, dass das Vertragsende auch das Arbeitsende ist.
Wer einen befristet eingestellten Mitarbeiter nach Vertragsende wissentlich weiterbeschäftigt, sollte sich zumindest über die rechtlichen Folgen im Klaren sein: Die stillschweigende Weiterbeschäftigung macht aus jedem befristeten Arbeitsverhältnis automatisch ein unbefristetes. Diese Mutation können Arbeitgeber dann allenfalls noch dadurch verhindern, dass sie unverzüglich widersprechen oder dem Arbeitnehmer mitteilen, dass der angestrebte Zweck erreicht ist.