‚Wilde Ehe‘ mit Vorsorgevollmacht absichern

Liebespaar: Auf rechtliche Absicherung achten / Foto: © R. v. Schönfels
Liebespaar: Auf rechtliche Absicherung achten / Foto: © R. v. Schönfels

Auch die ‚wilde Ehe‘ braucht einen Sicherheitsgurt. Wer ohne Trauschein in der Immobilie des Lebensgefährten alt werden möchte, riskiert ohne Wohnrecht und Vorsorgevollmacht im Alter den Rausschmiss durch Erben oder Betreuer. Warum das so ist und wie unverheiratete Paare diese Gefahr bannen können, erklärt Rechtsanwalt Dietmar Kurze vom Verband VorsorgeAnwalt e.V. in Berlin.

Immer mehr Bundesbürger leben ohne Trauschein zusammen. 2012 waren es schon 5,5 Millionen Menschen, ein Anstieg um 20 Prozent binnen zehn Jahren. Schon heute ist in jeder zehnten ‚wilden Ehe’ mindestens einer der beiden Partner 65 Jahre alt oder älter. Das Problem: „Die nichteheliche Lebenspartnerschaft bietet nicht den gleichen Schutz wie eine Ehe. Wer trotzdem ohne Trauschein gemeinsam alt werden möchte, sollte frühzeitig für den nötigen rechtlichen Flankenschutz sorgen“, rät Rechtsanwalt Dietmar Kurze, Vorstand und Geschäftsführer beim bundesweiten Verband Vorsorgeanwalt e.V. in Berlin.

Die offenen Flanken einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft werden unterschätzt. Besonders riskant lebt es sich ohne Trauschein in einer Immobilie, die nur einem der beiden Lebenspartner gehört. „Auch bei einer Beziehung, die sich als Bund fürs Leben bewährt, steht der Lebenspartner, der nicht Immobilieneigentümer ist, mit einem Bein auf der Straße“, sagt Verbandsvorstand Kurze.

Die Gefahr ist am größten, wenn der Eigentümer respektive die Eigentümerin der gemeinsam bewohnten Immobilie stirbt oder nach Unfall oder Krankheit nicht mehr Herr seiner Sinne ist und deshalb nicht mehr in eigener Sache entscheiden kann.

Nichtehelichen Lebenspartnern droht Rausschmiss durch Erben und Betreuer

Im Todesfall kommen die Erben ans Ruder. Diese müssen dem Lebensgefährten oder der Lebensgefährtin des verstorbenen Immobilieneigentümers zwar 30 Tage Zeit lassen. Doch danach können sie ohne weiteres die Räumung und Herausgabe der Wohnung verlangen. „Es sei denn, der Verstorbene hat zu Lebzeiten mit dem nichtehelichen Partner eine anderslautende Vereinbarung getroffen und ihm zum Beispiel ein lebenslanges Wohnrecht in der Immobilie eingeräumt“, sagt Rechtsanwalt Kurze. Allerdings muss der Lebensgefährte das auch nachweisen können. Insofern ist eine schriftliche Vereinbarung geboten.

Ähnlich sieht die Lage aus, wenn ein Unfall oder eine schwere Krankheit wie Demenz den Eigentümer der Immobilie schachmatt setzen. „Im Betreuungsfall hängt für beide Partner viel davon ab, ob eine wirksame Vorsorgevollmacht vorliegt. Mit dieser bestimmen Menschen frühzeitig, wer für sie Entscheidungen treffen soll, falls sie selbst nicht mehr dazu in der Lage sein sollten“, erklärt der Vorsorgeanwalt.

Ohne Vorsorgevollmacht setzt das Gericht einen Betreuer ein. Das kann auch ein Fremder sein. Soll dieser für den Betreuten auch die Immobilien verwalten, droht dessen nichtehelichem Lebenspartner Ungemach. „Der Betreuer wird eine marktübliche Miete verlangen oder den nichtehelichen Partner des Betreuten vor die Türe setzen“, sagt der Vorsitzende der Vorsorgeanwälte in Deutschland. Dass das rechtens ist, hat der Bundesgerichtshof mit dem Urteil XII ZR 110/06 höchstrichterlich abgesegnet.

Der Betreuer muss nicht einmal berücksichtigen, dass der nichteheliche Lebenspartner mit dem erkrankten Immobilieneigentümer Jahrzehnte lang ohne Mietvereinbarung zusammengewohnt hat. Auch der persönliche Einsatz bei der Pflege des kranken Lebensgefährten schützt einen nicht vor dem Rausschmiss durch den Betreuer.

Ohne Rücksicht auf nichteheliche Lebenspartner

Besonders bitter: Kommt es zum Rechtsstreit, ist formal nicht etwa der Betreuer derjenige, der klagt, sondern immer noch der Immobilieneigentümer, also der kranke Lebensgefährte. Denn der Betreuer handelt nicht für sich, sondern im Namen des Betreuten. „Den nichtehelichen Lebensgefährten der Betreuten fällt es regelmäßig schwer zu akzeptieren, dass sich ein Betreuer weder in die eheähnliche Beziehung der betreuten Person einfühlen noch für deren nichtehelichen Lebenspartner verantwortlich fühlen muss“, sagt Kurze.

Eheleute nimmt der Gesetzgeber dagegen regelrecht in die Pflicht. Wörtlich heißt es im Bürgerlichen Gesetzbuch: „Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung.“ Das sorgt im Alter auch mit Blick auf die Wohnverhältnisse für Sicherheit.

Nichteheliche Lebenspartner können ihren Bund fürs Leben rechtlich absichern

Nichteheliche Lebenspartner müssen schon selbst für die Absicherung ihres gemeinsamen Lebens sorgen. „Böse Überraschungen im Alter lassen sich am besten mit einer Kombination aus Vorsorgevollmacht, Testament und Wohnrecht verhindern“, rät der Dietmar Kurze als Fachanwalt für Erbrecht. Der bundesweite Verband der VorsorgeAnwalt e.V. bietet im Internet unter der Domain www.vorsorgevollmacht-anwalt.de/checkliste eine Checkliste an, mit der auch nichteheliche Lebenspartner ihren Vorsorgestatus prüfen können.

Über VorsorgeAnwalt e.V. 5 Artikel
▶ Der Verein VorsorgeAnwalt e.V. ist ein bundsweiter Zusammenschluss von Rechtsanwälten. Ziel des Vereins ist es, für mehr Rechtssicherheit im Alter und bei Krankheit zu sorgen. Die Rechtsanwälte von VorsorgeAnwalt e.V. bieten bei Fragen zur Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung eine qualitätsorientierte Rechtsberatung und entsprechenden Rechtsbeistand: ▶ Anfertigung von Vorsorgevollmacht, Vorsorgevertrag, Patientenverfügung ▶ Unterstützung eines eingesetzten Bevollmächtigten ▶ Übernahme von Bevollmächtigungen ▶ Anfertigung eines Leitfadens für den Bevollmächtigten ▶ Beratung und Vertretung als Bevollmächtigter oder Betreuer ▶ Vertretung als Betroffener oder Angehöriger in betreuungsrechtlichen Verfahren gegenüber dem Betreuungsgericht ▶ Der VorsorgeAnwalt e.V. wählt seine Mitglieder sorgfältig aus. Die kontrollierte Auswahl soll sicher stellen, dass Mandanten von VorsorgeAnwälten bundesweit eine qualitativ hochwertige Hilfe erhalten.