Das Feindbild vieler Bauherren heißt Denkmalschutz. Was viele nicht wissen: Das Finanzamt gewährt zur Sanierung von denkmalgeschützten Immobilien großzügige Steuervorteile. Davon profitieren Eigennutzer und Vermieter. Die Sanierung einer ehemaligen Fabrik für Stecknadeln in Düren zeigt, warum es sich für Bauherren lohnt, mit Denkmalschutzbehörden zusammen zu arbeiten.
Am Rurufer in Düren dröhnen morgens ab sieben Uhr die Presslufthammer. Bei Flutlicht machen sich Bauarbeiter an einem kaminroten Backsteinbau mit zwei quadratischen Ecktürmen zu schaffen. Früher wurden hier einmal Stecknadeln und Ketten produziert. Die 1905 fertig gestellte Fabrik gehörte einst zur Unternehmerdynastie von Kraft & Schüll.
Heute hat das Gebäude zwei neue Hausherren: Bernd Vogt ist Bauunternehmer, Thomas Roeb im Hauptjob Professor für Marketing an der Fachhochschule Rhein-Sieg. Beide hat eine gemeinsame Idee zusammengebracht: Sie wollen die alte Fabrikhalle in modernen Wohnraum umwandeln. Bis Sommer 2009 sollen in dem 13 Meter hohen und 50 Meter langen Gebäude 14 Loftwohnungen entstehen. Alle großzügig geschnitten mit 100 bis 205 Quadratmeter und mit einer Deckenhöhe zwischen 3,80 und 4,50 Meter.
Der Clou des Bauvorhabens: Das Finanzamt ist bei der Finanzierung als feste Größe eingeplant. Denn der Denkmalschutz macht aus der Gebäudesanierung quasi das letzte Steuersparmodell für Besserverdiener mit Lust auf Wohneigentum. Dank besonderer Regeln für die Abschreibung.
Finanzamt bietet großzügige Abschreibung für die Sanierung
Auf die ehemalige Fabrik wurden Roeb und Vogt 1999 aufmerksam. Gekannt haben sie sich damals allerdings noch nicht. Das änderte sich erst, als sie unabhängig voneinander mit dem damaligen Eigentümer, der EssenHyp, Kontakt aufnahmen und ihr das Gebäude abkauften.
Eine Rettung im letzten Augenblick. Denn die EssenHyp wollte schon die Abrissbirne kommen lassen. Kein Wunder: Die Fabrikruine stand seit Jahren leer, Fensterscheiben waren zertrümmert, aus einer Öffnung wuchs ein Baum. Sogar Einschusslöcher aus dem 2. Weltkrieg waren noch zu sehen. Roeb war begeistert: „Das ist mein Haus. Dort will ich wohnen.“
Auch Bauingenieur Vogt hatte an der alten Fabrikhalle sofort einen Narren gefressen. „Es gibt keine alten Rohrleitungen und keinen Hausschwamm“, schwärmt Vogt noch heute. Und die Eisenbetondecken hat ein exzellenter Baumeister errichtet. „Der wusste genau, wie man das macht“, so Vogt.
Roeb ging gleich zur Sache. Der Kaufvertrag war noch nicht einmal unterschrieben, da hatte der Marketingprofessor schon das Denkmalamt der Stadt auf eine Idee gebracht. Dieses, schlug Roeb damals vor, solle die Stecknadelfabrik unter Denkmalschutz stellen. Bei diesem Vorschlag würde manch Bauherr zusammen zucken. Doch hinter der Idee steckte ein wirtschaftlich durchdachtes Kalkül: „Das ist aus steuerlicher Sicht sehr attraktiv“, sagt Roeb. „Denn bei Denkmälern gibt es großzügige Abschreibungsregeln.“
Steuervorteile für Eigennutzer und Vermieter
Tatsächlich sind denkmalgeschützte Gebäude sowohl für Eigennutzer, für die es ja keine Eigenheimzulage mehr gibt, als auch für Vermieter steuerlich hoch interessant. Wer selbst in eine denkmalgeschützte Wohnung einzieht, kann 90 Prozent der Herstellungskosten über zehn Jahre abschreiben. Wer ein Denkmal kauft und vermietet, darf sogar den kompletten Betrag über zwölf Jahre abschreiben. Doch Vorsicht: Um an die Steuervorteile zu kommen, braucht der Bauherr unbedingt die Bescheinigung der Denkmalbehörde, dass die Baumaßnahmen zum Erhalt des Gebäudes erforderlich sind.
Zukünftige Wohneigentümer der Nadelfabrik machen zum Beispiel diese Rechnung auf: Eigennutzer mit 42 Prozent Spitzensteuersatz könnten bei einem angenommenen Abschreibungsvolumen von 126.000 Euro zwischen 2009 und 2018 rund 50.000 Euro Steuern sparen. Ein Vermieter zwischen 2009 und 2020 sogar rund 56.000 Euro. Das Abschreibungsvolumen ist der Kaufpreis für den unsanierten Gebäudeanteil abzüglich Grund und Boden.
Roebs Gespräche mit der zuständigen Behörde fielen auf fruchtbaren Boden. Die Nadelfabrik zählt in Düren heute zu den Gebäuden, „die wegen ihrer baulichen Besonderheiten für die Geschichte der Stadt Düren wichtig sind.“ Genau so steht es in der Denkmalwertbegründung.
Mit der Behörde für Denkmalschutz zusammenarbeiten
Die neuen Eigentümer der Dürener Stecknadelfabrik bleiben mit der Denkmalbehörde in ständigem Kontakt. Das ist auch richtig so. Denn sie müssen jede größere Baumaßnahme mit den Mitarbeitern des Denkmalamts abstimmen. Was aber nicht etwa heißt, dass sich aus dem alten Fabrikgebäude kein modernes Wohngebäude machen ließe. „Mir war von Anfang an klar, dass ich Wohnungen ohne Balkone nicht verkaufen oder vermieten könnte“, sagt Eigentümer Vogt. Noch bevor er den Kaufvertrag über seine Hälfte unterschrieben hatte, bemühte er sich deshalb um eine entsprechende Genehmigung der Denkmalbehörde. Und er bekam sie prompt. Kein Wunder, dass Vogt und Roeb auf die Dürener Mitarbeiter der Denkmalbehörde – „sehr kompetent und kooperativ“ – gut zu sprechen sind.
Steuersparmodell Denkmalschutz | |||
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So profitieren Steuerzahler vom Denkmalschutz, wenn sie ein altes Gebäude sanieren 1) | |||
So rechnet das Finanzamt | … bei Selbstnutzung 2) | … bei Vermietung 3) | |
Steuerjahr | 2009 – 2018 | 2009 – 2016 | 2017 – 2020 |
Denkmalabschreibung pro Jahr |
11.340 €
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11.340 € | 8.820 € |
Steuerersparnis pro Jahr 4) | 5.025 € | 5.025 € | 3.908 € |
Steuerersparnis insgesamt | 50.250 € | 55.832 € | |
1) Der Steuervorteil sinkt, jwenn zum Kaufzeitpunkt schon Baumaßnahmen durchgeführt sind 2) bei Selbstnutzern: 9 % auf Sanierungskosten von 2009 bis 2018 3) bei Vermietern: 9 % auf die Sanierungskosten von 2009 bis 2016 und 7 % von 2017 bis 2020 4) Steuersatz 42 % Einkommensteuer plus 5,5 % Solidaritätszuschlag |
Die neuen Fabrikbesitzer müssen sich derzeit noch um eine zweite Baustelle kümmern: Roeb und Vogt sind schon jetzt damit beschäftigt, sich die neuen Nachbarn zu suchen. Die geplanten Wohnungen wollen sie aus gutem Grund so schnell wie möglich verkaufen. „Die steuerliche Denkmalschutzabschreibung für die Baukosten kann nur in Anspruch nehmen, wer den Kaufvertrag unterschreibt, bevor die Wohnungen errichtet werden“, erklärt Roeb.
Und wenn sich nicht genügend Steuersparfüchse mit Lust auf Loft einfinden? Auch das ist für die beiden Dürener Fabriksanierer kein größeres Problem: „Dann behalten wir die Wohnungen selbst und vermieten“, sagt Roeb und denkt bereits an die Vorteile dieser Lösung: „Dann können wir die Denkmalabschreibung selbst einstecken.“
Autorin: Ruth Bohnenkamp