Pfleiderer will Anleihegläubiger ausbooten

Anlegeranwälte vermuten hinter den Restrukturierungsplänen der Pfleiderer AG einen Coup von Finanzinvestoren zu Lasten der Aktionäre und Anleihegläubiger. Letztere sollen auf einer Gläubigerversammlung auf alle Forderungen verzichten und sich mit einem kleinen Anteil Aktien abspeisen lassen. Dabei hat Pfleiderer die Karten nicht offen auf den Tisch gelegt.

Die Pfleiderer AG ist nach Ansicht von Anlegeranwälten zum Spielball von Hedge-Fonds und Finanzinvestoren geworden. Anlass zu dieser Vermutung bietet die geplante Restrukturierung des Unternehmens für Holzwerkstoffe und Laminatfußböden. „Alles, was wir bisher sehen können, läuft auf das eine Bild hinaus: Aktionäre und Gläubiger einer Hybridanleihe sollen dafür bluten, das sich einige Finanzinvestoren ein Unternehmen unter den Nagel reißen wollen“, sagt Rechtsanwalt Daniel Vos.

Hintergrund: Die Pfleiderer AG ist im Zuge der Wirtschaftskrise in Schieflage geraten. Im Laufe des vergangenen Jahres haben die Hausbanken des Unternehmens offenbar Kredite an Hedgefonds verkauft, die sich mit der Übernahme von angeschlagenen Unternehmen durch die Hintertür auskennen. Das geht so: Zunächst kaufen Hedgefonds die Altschulden auf, natürlich mit gehörigem Abschlag auf den Nominalwert. Im nächsten Schritt bieten sie dem Unternehmen an, die Position der Gläubiger mit der Rolle des Aktionärs zu tauschen. Genau das sieht das Restrukturierungskonzept für Pfleiderer vor. Rechtsanwalt Vos befürchtet, „dass die bisherigen Aktionäre und auch die Gläubiger der Hybridanleihe planmäßig ausgebootet werden sollen.“

Rechtsanwalt Vos warnt mit Blick auf die anberaumte Gläubigerversammlung insbesondere die Anleger der Hybridanleihe davor, sich auf die Sanierungsvorschläge der Pfleiderer AG einzulassen. Ginge es allein nach dem Willen der Hedgefonds, sollen die Anleihegläubiger das Konzept am 20. Juni in München absegnen. Konkret heißt das: „Die Anleihegläubiger sollen auf rund 328 Millionen Euro verzichten und sich mit einem mageren Anteil an Aktien abspeisen lassen“, so Rechtsanwalt Vos.

Wie die Hedgefonds bei Pfleiderer die Macht übernehmen wollen

Tatsächlich sieht das Restrukturierungskonzept bisher zwei Teile vor: Teil Eins besteht aus einem Kapitalschnitt mit anschließender Kapitalerhöhung. „Damit wollen die Hedgefonds die Altaktionäre in die Rolle von Minderheitsaktionären drängen“, vermutet Anlegeranwalt Vos. Jedenfalls werden die Bezugsrechte der Altaktionäre für die Kapitalerhöhung ausgehebelt. Dafür dürfen sie sich an der Kapitalerhöhung gegen Bares beteiligen und eine relativ geringe Anzahl neuer Aktien kaufen.

Verdächtig erscheinen Rechtsanwalt Vos die großen Unterschiede beim Bezugspreis der neuen Aktien. Denn Altaktionäre sollen für jede neue Aktie 5,11 Euro zahlen. Das ist mehr als 3,5-mal so viel wie die „Senior Dept Gläubiger“ bezahlen wollen. So bezeichnen sich in dem Konzept die Hedgefonds und anderen Gläubiger mit besicherten Krediten. Die Finanzinvestoren wollen sich die Aktienmehrheit an Pfleiderer zu einem Preis von maximal 1,44 Euro pro neue Aktie sichern. „Für diese Preisunterschiede gibt es bisher keine plausible Rechtfertigung“, kritisiert Vos. Der Rechtsanwalt vermutet, „dass die Hedgefonds eine stärkere Beteiligung von Altaktionären oder Dritten von vornherein mit einem Prohibitivpreis verhindern wollen.“

Hybridanleihe wird vor der Gläubigerversammlung klein gerechnet

Die Hedgefonds wollen offenbar auch die Gläubiger der Hybridanleihe zu Minderheitsaktionären degradieren. Das ist der zweite Teil im Konzept. Für vier Prozent der Aktien sollen die Anleihegläubiger auf ihre Forderungen verzichten. Zu diesem Zweck haben die Restrukturierer den Wert der Anleihe in einer Information zur Gläubigerversammlung klein gerechnet. Das Ziel: „Die Anleihegläubiger sollen glauben, dass sie nichts mehr in der Hand hätten, weil das Unternehmen insolvenzgefährdet sei“, glaubt Anlegeranwalt Vos. „Vor diesem Hintergrund sollen die vier Prozent Anteil am Aktienkapital wohl großzügig aussehen.“ Wie es um das Unternehmen wirklich steht, ist indessen nicht erkennbar. Die Pfleiderer AG hat für 2010 noch keine Bilanz veröffentlicht.

Doch Rechtsanwalt Vos macht eine andere Rechnung auf. Demnach könnten die Gläubiger der Hybridanleihe einen weit größeren Anteil Aktien fordern. Zur Rechnung: Die Information für Gläubiger listet eine Nettoverschuldung in Höhe von 1,32 Milliarden Euro Schulden auf. Davon entfallen auf die Senior Dept Gläubiger angeblich 991 Millionen Euro. Bei den Anleihegläubigern steht Pfleiderer insgesamt mit 328 Millionen Euro in der Kreide. Anders formuliert: „Die Senior Dept Gläubiger haben an der Nettoverschuldung einen Anteil von 75 Prozent, die Anleihegläubiger von 25 Prozent. Vor diesem Hintergrund ist für mich nicht plausibel, warum sich die Anleihegläubiger mit vier Prozent Aktienkapital abspeisen lassen sollen, während sich die Senior Dept Gläubiger 95 Prozent der Aktien unter den Nagel reißen.“ Eine mögliche Erklärung könnte lauten, „dass die Restrukturierung von Pfleiderer nichts anderes ist als der trickreich eingefädelte Coup von Heuschrecken des Finanzmarkts.“

Anlegeranwälte fordern Transparenz zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens

Rechtsanwalt Vos fordert im Interesse der Aktionäre und Anleihegläubiger, dass die Pfleiderer AG das Restrukturierungskonzept vor der Gläubigerversammlung in München komplett offenlegt. „Ohne Transparenz können die Gläubiger nicht beurteilen, wie werthaltig ihre Ansprüche wirklich sind“, erklärt Rechtsanwalt Vos, der sich über das große Interesse der Hedgefonds an dem angeblich von der Insolvenz bedrohten Unternehmen wundert. „Was wir neben den interessengesteuerten Angaben zum Restrukturierungskonzept an überprüfbaren Informationen haben, sind einerseits ein paar alte Bilanzen aus der Krisenzeit und auf der anderen Seite ein Zwischenbericht für das dritte Quartal 2010 sowie eine Ad-hoc-Meldung, die beide darauf hinweisen, dass Pfleiderer die Talsohle schon hinter sich hat.“ Tatsächlich hat die Pfleiderer AG am 08.02.2011 in einer Ad-hoc-Meldung für 2010 „einen Umsatzanstieg gegenüber dem Vorjahr von über acht Prozent“ mitgeteilt sowie „zum Jahresauftakt 2011 deutliche Preiserhöhungen für Rohspanplatten sowie beschichtete Platten“. Das, so die Ad-hoc-Meldung weiter, sei der „Grundstein für eine nachhaltige Margenverbesserung der Gesellschaft“.