Ob Eheleute oder Geschäftspartner – das gemeinsame Bankkonto hat Tücken. Im Normalfall kann jeder Kontoinhaber auch ohne Zustimmung der anderen über das konto verfügen. Was die meisten nicht wissen: Jeder darf die Verfügungsbefugnis im Alleingang einschränken. Dann ist kein Bankgeschäft mehr möglich, ohne dass alle zustimmen. „Das wirkt wie eine Notbremse, lässt sich aber auch zur Blockade missbrauchen“, erklärt ein Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und informiert, auf was Bankkunden beim Gemeinschaftskonto achten sollten.
Gemeinschaftskonto in zwei Varianten
Das gängigste Modell ist das Gemeinschaftskonto mit Einzelverfügungsbefugnis, auch ODER-Konto genannt. Beim ODER-Konto kann jeder Kontoinhaber ohne Zustimmung der anderen Geld abheben, Rechnungen überweisen oder Aktien kaufen. Das garantiert schnelle Bankgeschäfte. Der Nachteil: Die Kontoinhaber müssen befürchten, dass einer von ihnen seine Verfügungsbefugnis zum Schaden der anderen ausnutzt und in die eigene Tasche wirtschaftet, dann kann es böse Überraschungen geben.
Also doch lieber ein UND-Konto? „Beim Bankkonto mit gemeinschaftlicher Verfügungsbefugnis müssen alle Kontoinhaber zustimmen, um über das Geld zu disponieren, sonst läuft bei der Bank gar nichts“, erklärt der Rechtsanwalt die Einschränkungen beim UND-Konto. Die größere Sicherheit für alle entpuppt sich im Alltag allerdings schnell als mühselig. „Im schlimmsten Fall setzen sich die Kontoinhaber gegenseitig schachmatt“, sagt der Rechtsanwalt. Bei Unternehmen könne die Blockade des Gemeinschaftskontos sogar zum Ruin führen.
Vereinbarung bei Kontoeröffnung
Der Blick in das Kleingedruckte lohnt sich schon vor dem Kontoabschluss. In aller Regel bieten Banken ihren Kunden ein Gemeinschaftskonto mit individueller Kontobefugnis. Jeder, der verfügungsberechtigt ist, kann die Bankgeschäfte auch alleine anordnen. Dazu gehört auch, dass jeder überraschend die Notbremse ziehen darf, indem er ohne Zustimmung der anderen die Verfügungsbefugnis einschränkt. Plötzlich kann nicht mehr jeder einzelne Kontoinhaber Geld überweisen oder abheben. Vielmehr fordert dann die Bank in jedem Einzelfall, dass alle Kontoinhaber dem Bankgeschäft zustimmen. Der Rechtsanwalt erklärt: „Aus der Einzelbefugnis für das Konto wird eine gemeinschaftliche Befugnis.“ Die Blockade ist damit perfekt.
Geregelt ist dieses Detail im Kleingedruckten. Das Umwandlungsrecht vereinbaren die Kontoinhaber schon bei der Kontoeröffnung. Meist steckt das Detail dort, wo man gerade nicht vermutet, nämlich versteckt in einem der Antragsformulare. Dass so etwas erlaubt ist, hat das Oberlandesgericht Hamm in diesem Jahr mit einem Urteil klar gestellt (Aktenzeichen: 31 U 113/09).
OLG Hamm bestätigt Notbremse im Kleingedruckten
Der Urteilsfall ist ein Exempel. „Der Fall zeigt, wie ein Kontoinhaber das Umwandlungsrecht als Notbremse nutzt, um einem anderen Kontoinhaber auszubremsen, der das gemeinsame Konto abräumen möchte“, erklärt der Rechtsanwalt.
Hintergrund des Streitfalls ist die Trennung eines Ehepaars. Als die Ehe in die Brüche ging, verkaufte der Gatte die gemeinsamen Anteile an Investmentfonds und erteilte der Bank mit der Verkaufsorder gleich noch den Auftrag, das Geld vom Gemeinschaftskonto mit der Ehefrau auf ein drittes Konto zu überweisen.
Zu diesem dritten Konto hatte die Ehefrau freilich keinen Zugang. Ihr Glück: Sie hatte das Faulspiel ihres Gatten spitz bekommen. Sofort rief sie bei der Bank an und änderte die individuelle Verfügungsbefugnis in eine gemeinschaftliche.
Das war gerade noch mal gut gegangen. Einen Tag später wurde der Erlös aus den Aktienfonds dem Gemeinschaftskonto gut geschrieben. Da durfte die Bank den Überweisungsauftrag des Mannes schon nicht mehr ausführen. Mit Recht, urteilte das Oberlandesgericht Hamm und nahm die Bank vor dem Ex-Mann der Bankkundin in Schutz. Der hatte von der Bank Schadensersatz verlangt, weil sie den Überweisungsauftrag nicht ausführen wollte, bevor das Geld aus dem Fondsverkauf auf dem Konto eingetrudelt war.
Prävention gegen Blockade des Unternehmenskontos
Das Gemeinschaftskonto spielt nicht nur bei Eheleuten eine wichtige Rolle. Juristen raten auch Geschäftspartnern dazu, sich mit den Spielregeln der Verfügungsbefugnis vertraut zu machen. „Im Geschäftsleben kommt es auf Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit an“, sagt der Rechtsanwalt. Die Unternehmer sollten schon bei Unternehmensgründung an den Eventualfall einer Trennung denken und für diesen Eventualfall vorsorgen.
Genau hier kommt wieder die Verfügungsbefugnis beim Gemeinschaftskonto ins Spiel. Hier droht nicht nur der Fall, dass ein Geschäftspartner das Konto abräumt und verschwindet. Bei einer anderen Spielart macht ein Geschäftspartner aus dem gemeinsamen ODER-Konto ein UND-Konto, schon läuft nichts mehr.
Dieser Existenzbedrohung können Unternehmer im Gesellschaftervertrag vorbeugen. „Die Gesellschafter sollten vereinbaren, dass keiner von ihnen die Verfügungsbefugnis beim Gemeinschaftskonto im Alleingang ändern darf „, rät ein Jurist. „Diese Regelung hebelt zwar nicht das Kleingedruckte der Bank aus. Allerdings können die Gesellschafter die Blockade des Gemeinschaftskontos im Streitfall mit Hilfe eines Anwalts schnell wieder auflösen.“
Schutzschild gegen Zwangsvollstreckung
Droht einem Unternehmer die Zwangsvollstreckung, wird das UND-Konto plötzlich wieder interessant. „Das ist wie ein Schutzschild vor dem Zwangsvollstrecker“, sagt der Rechtsanwalt und erklärt: „Um bei der Vollstreckung Erfolg zu haben, braucht der Zwangsvollstrecker beim Geschäftskonto mit gemeinschaftlicher Verfügungsbefugnis der Gesellschafter auch Vollstreckungstitel gegen alle Kontoinhaber.“ Anders beim ODER-Konto. Hier reicht aufgrund der Einzelverfügungsbefugnis schon der Vollstreckungstitel gegen einen einzigen von mehreren Kontoinhabern.
Sie schreiben in Ihrem Artikel über UND-Konten bzw. die Möglichkeit der Bank mitzuteilen, dass man die Zustimmung zur alleinigen Verfügungsbefugnis eines Gemeinschaftskontos einschränkt. Leider lehnen einige (oder die meisten?) Banken dies bei bestehenden Konten ab (hier DKB 100% so). Die Sperre kann zwar verkündet werden und besteht dann auch, nur kann sie der Andere wieder aufheben, ohne, dass man davon weiß. Dazu konnte ich keine Bank finden, die bereit ist, gleich ein UND-Konto überhaupt zu eröffnen. Falls jemand dazu Tipps hat, freue ich mich, von einer solchen Bank zu erfahren. Theorie und Praxis klaffen da leider 100% auseinander, wenn keine Bank das real auch so tut. Folglich müsste der Tenor des Artikels dementsprechend angepasst werden, um auf diese Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis hinzuweisen.