Wird die Kirche zum Arbeitsplatz von Muslimen? Gut möglich. Denn auch die kirchlichen Arbeitgeber müssen sich an das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz halten. Konkret heißt das: Bewirbt sich auf einen ausgeschriebenen Arbeitsplatz ein moslemischer Arbeitnehmer, darf der kirchennahe Arbeitgeber den Kandidaten nicht einfach wegen der Religion ablehnen. Das hat das Hamburger Arbeitsgericht als Grundregel bestätigt. Aber es gibt Ausnahmen. Das Arbeitsgericht Hamburg hat in dem Urteil mit dem Aktenzeichen 20 Ca 105/07 die Grundregel aufgestellt und gleich dazu den Ausnahmefall geklärt. Demnach dürfen Kirche und kirchennahe Arbeitgeber muslimische Bewerber nur bei Stellen im „verkündungsnahen Bereich“ wegen ihrer anderen Religionszugehörigkeit ablehnen.
Eine deutsche Staatsbürgerin türkischer Herkunft hatte sich auf eine Stellenanzeige des Diakonischen Werks beworben. Die Stellenausschreibung klang anfangs verlockend: „Dieses Projekt ist ein Schulungs- und Informationsangebot für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren im Bereich der beruflichen Integration von erwachsenen Migrantinnen und Migranten“. Doch das diakonische Werk setzte beim Bewerber die Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche voraus.
Davon ließ sich die Klägerin im Urteilsfall nicht abschrecken. Sie teilte dem kirchlichen Arbeitgeber mit, sie sei zwar gebürtige Muslimin, praktiziere aber keine Religion. Auf die Frage, ob sie sich den Eintritt in die Kirche vorstellen könne, antwortete sie, dass das bei einer Stelle ohne religiösen Bezug wohl nicht nötig sei – und kassierte prompt eine Ablehnung.
Danach ging die Sache vor Gericht. Die Bewerberin nahm den Arbeitgeber wegen Diskriminierung in Anspruch und forderte eine Entschädigungszahlung. Der Grund: Sie sei wegen ihrer Religion benachteiligt worden und mittelbar auch wegen ihrer ethnischen Herkunft.
Natürlich wollte das diakonische Werk keine Entschädigung zahlen. Die Begründung: Eine unterschiedliche Behandlung der Bewerber aufgrund der Religion sei im konkreten Fall gemäß Paragraf 9 Absatz 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zulässig gewesen. Die christliche Religion stelle sowohl im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht als auch nach Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung für die Mitarbeit im Diakonischen Werk dar.
Da haben die Kirchenmänner offenbar etwas falsch verstanden. Das Arbeitsgericht Hamburg jedenfalls überzeugte die Argumentation nicht und konterte mit Paragraf 15 Absatz 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Dort ist die Höhe von Entschädigungszahlungen im Fall einer Diskriminierung festgelegt. Drei Monatslöhne wurden es im Urteilsfall. Denn der kirchliche Arbeitgeber hatte die muslimische Bewerberin tatsächlich wegen ihrer Religionszugehörigkeit im Einstellungsverfahren benachteiligt, urteilte das Hamburger Arbeitsgericht.