Schadensersatz bei vorgetäuschter Eigenbedarfskündigung

Vermieter sollten sich gut überlegen, ob sie die vermietete Wohnung wirklich selbst brauchen. Wer einem Mieter aus Eigenbedarf kündigt, den Eigenbedarf aber nur vortäuscht, macht sich schadensersatzpflichtig. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zeigt, wie Mieter eine fingierte Eigenbedarfskündigung zu Geld machen können.

Im Urteil mit dem Aktenzeichen VIII ZR 231/07 hatte eine Berlinerin ihren ehemaligen Vermieter verklagt. Dieser hatte der Frau gleich mehrfach wegen Eigenbedarf gekündigt. Dass die Mieterin nicht sofort ausziehen wollte, ist angesichts der Mietdauer verständlich.

Die Frau bewohnte die Wohnung schon seit 1977. Sie gab erst nach, als der Vermieter mit einer Räumungsklage drohte. Im Herbst 2002 ließ sich die Mieterin auf eine Vereinbarung mit dem Vermieter ein und zog aus. Kaum stand die Wohnung leer, bot der Eigentümer die Wohnung zum Verkauf an. Die ehemalige Mieterin verklagte den Vermieter auf Schadensersatz und begründete Ihren Anspruch mit dem vorgetäuschten Eigenbedarf.

Was die Dame nicht wusste: Die Eigenbedarfskündigung ihres Vermieters entsprach nicht dem Gesetz und war deshalb auch gar nicht wirksam. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) schreibt in Paragraf 573 ausdrücklich vor, dass Vermieter „die Gründe für ein berechtigtes Interesse in dem Kündigungsschreiben anzugeben“ haben.

Hintergrund: Vermieter haben laut BGB § 573 in drei Fällen ein berechtigtes Interesse an der Kündigung:

  1. Der Mieter verletzt schuldhaft seine vertraglichen Pflichten. Eine unerhebliche Pflichtverletzung ist freilich kein Kündigungsgrund.
  2. Der Vermieter benötigt die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts. Das ist der so genannte Eigenbedarf, um den es auch im Urteilsfall ging.
  3. Das Mietverhältnis hindert den Vermieter daran, das Grundstück in einer wirtschaftlich angemessenen Weise zu nutzen. Kein legitimer Kündigungsgrund ist es allerdings, wenn der Vermieter die Wohnung als Büro teurer vermieten oder die Wohnung als Eigentumswohnung verkaufen kann.

Weil die gesetzlich vorgeschriebene Begründung in der schriftlichen Kündigung fehlte, war auch die Drohung mit der Räumungsklage in Wahrheit nur eine Luftnummer. Aber das wusste die Mieterin nicht. Sie ließ sich vom Vermieter einschüchtern und auf die Vereinbarung zum Auszug ein.

Das hätte die Frau nach Auszug fast den Anspruch auf Schadensersatz gekostet. Denn die Berliner Gerichte der beiden ersten Instanzen gaben zunächst dem Vermieter Recht. Erst der Bundesgerichtshof (BGH) entschied die Schadensersatzfrage zu Gunsten der geschassten Mieter. Jetzt gilt mit höchstrichterichem Segen:

  • Ein Mieter hat nach Auszug aus der Wohnung grundsätzlich Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Vermieter den Eigenbedarf nur vortäuscht hat.
  • Der Anspruch auf Schadensersatz geht nicht flöten, nur weil der Vermieter diesen Grund in der schriftlichen Kündigung verschweigt. Laut BGH reicht es, dass der Vermieter „dem Mieter den Eigenbedarf schlüssig dargetan und der Mieter keine Veranlassung hatte, die Angaben des Vermieters in Zweifel zu ziehen“.
  • Eine einvernehmliche Einigung zwischen Mieter und Vermieter über die Beendigung des Mietverhältnisses zerstört nicht den Anspruch auf Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs. Denn: „Entscheidend ist nicht, ob der Mieter bereits zur Räumung verpflichtet ist, sondern allein, ob er das Räumungsverlangen materiell für berechtigt halten darf“. Genau das darf ein Mieter laut BGH, „wenn er keinen Anlass hat, an der Richtigkeit der Angaben des Vermieters zu dem Eigenbedarf zu zweifeln.“ In diesem Fall räumt der Mieter die Wohnung nicht aus freien Stücken, „sondern in der Vorstellung, dazu verpflichtet zu sein“. Deshalb behält der Mieter seinen Anspruch auf Schadensersatz auch dann, wenn der Vermieter den Kündigungsgrund in der schriftlichen Kündigung verschwiegen hat. Hauptsache ist: Der Vermieter hat den Eigenbedarf nur vorgetäuscht.