Reiseveranstalter haften dafür, dass die gebuchte Pauschalreise ihr Geld wert ist. Treten im Urlaub trotzdem Reisemängel auf, kann der Kunde Geld zurückfordern. Weil das einigen Reiseveranstaltern nicht passt, kürzen sie die Verjährungsfrist und versuchen so, ihre Kunden bei Reisemängeln mit Beschwerden ins Leere laufen zu lassen. Doch das müssen sich die Kunden nicht in jedem Fall gefallen lassen, wie ein Urteil des Bundesgerichtshofs zeigt (Aktenzeichen Xa ZR 141/07).
Ausschlussfrist und Verjährung
Wer Reisemängel reklamieren möchte, muss sich beeilen. Wie schnell, regelt das Bürgerliche Gesetzbuch unter dem Thema Ausschlussfrist und Verjährung in BGB § 651g:
Ausschlussfrist: Das BGB lässt einem unzufriedenen Urlauber genau einen Monat Zeit, um seine Ansprüche auf Preisminderung wegen Reisemängeln beim Reiseveranstalter geltend zu machen. Gerechnet wird laut Gesetzestext ab „der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise“. Wer zu spät kommt, bekommt nur manchmal eine zweite Chance: Der Kunde muss nachweisen, dass er „ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert worden ist.“
Verjährung: Hat der Kunde seinen Anspruch beim Reiseveranstalter rechtzeitig angezeigt, muss er noch eine zweite Hürde im Auge behalten: die Verjährungsfrist. Diese beträgt bei Reisemängeln gerade einmal zwei Jahre. Hier wird der Startpunkt laut BGB so gerechnet: „Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an dem die Reise dem Vertrag nach enden sollte.“
So knapp diese Fristen aus Sicht der Verbraucher auch sind, den Reiseveranstaltern sind sie immer noch zu lang. Deshalb haben sich einige einen Trick ausgedacht: Sie haben die Verjährungsfrist bei Reisemängeln mit Hilfe der Allgemeinen Geschäftbedingungen (AGB) auf ein Jahr reduziert. So sollte die Zeit zumindest einen Teil der Kundenbeschwerden erledigen.
Doch ganz so einfach, wie Reiseveranstalter es sich wünschen, lassen sich Kundenrechte aber auch nicht beschneiden. Der Bundesgerichtshof hat in einem Fall die Verjährungsklausel eines Reiseveranstalters unter die Lupe genommen und dabei gleich zwei Rechtsfehler festgestellt. Das Urteil mit dem Aktenzeichen Xa ZR 141/07 zeigt Verbrauchern genau, wann sie sich eine Verkürzung der Verjährungsfrist bei Reisemängeln nicht gefallen lassen müssen.
Der Urteilsfall: Pauschalreise mit pauschaler Verjährungsklausel
Im Urteilsfall ging es um eine Pauschalreise nach Mauritius. Mit von der Partie war ein Ehepaar, das mit den Leistungen des Reiseveranstalters nicht zufrieden war und im Urlaub Reisemängel feststellte.
Ihr erster Schritt war noch korrekt: Das Ehepaar monierte die Reisemängel innerhalb eines Monats nach der Rückkehr beim Reiseveranstalter und forderte einen Teil des Reisepreises zurück.
Beim zweiten Schritt aber geriet das Ehepaar (fast) ins Stolpern. Zwar schickten sie dem Reiseveranstalter innerhalb eines Jahres eine Klageschrift mit Bezug auf die Reisemängel zu. Allerdings an die falsche Adresse. Als Folge wurde die Klage dem Reiseveranstalter erst später zugestellt. Der parierte prompt mit seinen selbst gebastelten AGB, wonach die Verjährungsfrist bei Reisemängeln nur noch ein Jahr betragen würde und die Ansprüche des Ehepaars somit bereits verjährt wären. Das wiederum wollte das Ehepaar nicht auf sich sitzen lassen. Es kam zur Klage.
Für ihren Rechtsstreit brauchten die Verbraucher einen langen Atem. In den ersten beiden Instanzen hatten sie noch Pech. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht wiesen ihre Klage ab, statt dessen gaben sie dem Reiseveranstalter Recht. Das Blatt wendete sich erst, als der Bundesgerichtshof ein Machtwort sprach und den Verbrauchern Recht gab. Aus zwei Gründen:
1. Regelverstoß: Der Reiseveranstalter hatte die verkürzte Verjährung in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) untergebracht. Diese AGB waren im Reisekatalog des Reiseveranstalters abgedruckt, der auch im Reisebüro auslag, als die Kunden ihre Reise nach Mauritius gebucht haben. Das schien dem Bundesgerichtshof nicht zu genügen, um der BGB-Informationspflichtenverordnung zu genügen. Diese Verpflichtet Reiseveranstalter dazu, ihren Kunden die Reisebedingungen auszuhändigen. „Im Reisebüro die Reisebedingungen in einem dort ausliegenden Katalog zu studieren“, hielt der BGH freilich „nicht für zumutbar“.
2. Regelverstoß: Der BGH hielt die Halbierung der Verjährungsfrist im Urteilsfall aber auch materiell für unwirksam. Der Grund: Die monierte AGB-Klausel wollte die Verjährungsfrist ohne Ausnahme für alle so genannten „vertraglichen Ansprüche“ halbieren. Diese pauschale Formulierung ist laut BGH ein klarer Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben. Denn das Gesetz verbietet die Begrenzung der Haftung für bestimmte Fälle (BGB § 309 Nr. 7). Dazu gehören Ansprüche aufgrund der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit. Das gleiche gilt für solche Ansprüche, die Kunden erheben, weil der Reiseveranstalter vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen vertragliche Pflichten verstößt. Fazit des BGH: Die pauschale Halbierung der Verjährung in den AGB für alle vertraglichen Ansprüche ist eine unzulässige Haftungsbegrenzung und damit unwirksam.
Jetzt bleibt abzuwarten, wie die Reiseveranstalter auf das neue Urteil des BGH zu Thema Reisemängel reagieren. Vermutlich werden sie ihre AGB durchforsten und anpassen. Insofern beherzigen unzufriedene Reisekunden am besten den erweiterten gorbatschowschen Lehrsatz: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Also kümmern sich Verbraucher am besten ohne Zeitverzug um ihre Rechte, wenn sie sich gegen Reisemängel wehren wollen.
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