Spinnt die Elektronik im neuen Auto, sollte der Käufer nicht auch noch selbst durchdrehen, den Verkäufer unter Druck setzen und ein neues Auto als Ersatz verlangen. Auch Kunden müssen sich bei einer Mängelrüge an die Spielregeln halten. Dazu gehört laut Bundesgerichtshof, dass der unzufriedene Kunde dem Verkäufer des Autos Gelegenheit gibt, den Mangel zu prüfen (Aktenzeichen: VIII ZR 310/08).
Im Urteilsfall ging es um einen Neuwagen der Marke Renault. Offenbar waren 18.500 Euro nicht genug, um das Fahrzeug mit einer einwandfreien Elektronik auszustatten. Jedenfalls fand der Kunde so viele Mängel an der Elektronik, dass er vor Misstrauen selbst am Rad drehte. Der Autohändler wollte das defekte Fahrzeug sehen und sich von den Mängeln selbst überzeugen. Doch darauf ließ sich der Kunde nicht ein. In das mängelbehaftete Auto habe er kein Vertrauen mehr, mit einer einfachen Reparatur wolle er sich nicht zufriedengeben. Statt dessen forderte der Kunde ein anderes Fahrzeug als Ersatz. Bei dieser Forderung wollte wiederum das Autohaus nicht mitspielen. Daraufhin erklärte der Kunde seinen Rücktritt vom Kaufvertrag und klagte auf Rückgabe des Kaufpreises.
Das hätte ihm sein Anwalt eigentlich schon vor dem Prozess sagen können: Dass er sich falsch verhalten und vor Gericht keine Chance habe. Statt dessen klagte sich der Mann durch alle Instanzen und erlag in Berlin vor dem Kammergericht, dem Landgericht und vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Letzteres stellt mit seinem unmissverständlich klar: Der Käufer eines Neuwagen muss dem Autohändler bei einem Mangel die Chance zur Nacherfüllung einräumen. Dazu gehört auch, dass er dem Händler die Gelegenheit gibt, die Mängelrüge am Fahrzeug zu prüfen. Anders könne der Autoverkäufer laut BGH nicht feststellen, „ob der behauptete Mangel besteht und ob er bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen hat, auf welcher Ursache er beruht sowie ob und auf welche Weise er beseitigt werden kann.“
Genau an diese Spielregel hat sich der Käufer des Neuwagens im Urteilsfall nicht gehalten. Fazit: Der erklärte Rücktritt des Kunden vom Kaufvertrag ist unwirksam. Dazu das BGH-Urteil: „Im entschiedenen Fall hat der Käufer der Verkäuferin keine Gelegenheit zu einer Untersuchung des Fahrzeugs im Hinblick auf die erhobenen Mängelrügen gegeben. Er hat eine Untersuchung in unzulässiger Weise von der Bedingung abhängig gemacht, dass sich die Verkäuferin zuvor mit der von ihm gewählten Art der Nacherfüllung – der Lieferung eines neuen Fahrzeugs – einverstanden erklärt. Darauf brauchte sich die Verkäuferin nicht einzulassen. Sie war nicht verpflichtet, der vom Käufer gewählten Art der Nacherfüllung zuzustimmen, bevor ihr Gelegenheit gegeben wurde, das Fahrzeug auf die vom Käufer gerügten Mängel zu untersuchen.“
Geregelt sind diese Spielregeln im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) unter dem Stichwort „Nacherfüllung“ (§ 439 BGB). Dort steht wortwörtlich:
(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.
(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.
(3) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung … verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.